Enrique Granados (1867-1916):

María del Carmen

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1898
Uraufführung: 11. November 1898 in Madrid (Teatro de Parish)
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Spieldauer: ca. 100 Minuten
Verlag: Madrid: Instituto Complutense de Ciencias Musicales, 2003

Zur Oper

Art: Oper in drei Akten
Libretto: José Feliu i Codina nach einem eigenen Theaterstück
Sprache: spanisch
Ort: die spanische Provinz Murcia
Zeit: um das Jahr 1880

Personen der Handlung

María del Carmen: Dorfschöne
Javier: Sohn aus wohlhabender Familie
Pencho: Landwirt in ärmlichen Verhältnissen
Don Pepuso: ein älterer Dorfbewohner, traditionsbewusst und stolz
Conceptión: María del Carmens Mutter
Fuensanta: María del Carmens Freundin
Don Domingo: Vater von Javier
Weitere: der Arzt, der Bürgermeister, der Pfarrer und weitere Dorfbewohner

Handlung

1. Akt:

Die Dorfbewohner gehen zur Messe. Aus der Kirche erklingen Gesänge zum Lobpreis der Heiligen Jungfrau. Das Gespräch der jungen Männer auf dem Kirchplatz dreht sich um Pencho. Der betagte Don Pepuso tritt zur Gruppe und bezeichnet den Erwähnten als den einzigen tapferen Mann des Dorfes. Alle anderen verhielten sich wie Schafe ohne Hirten. Was ist geschehen und weshalb provoziert der Alte ohne triftigen Grund die jungen Leute?

Ausnahmsweise war es diesmal kein Streit aus Eifersucht um ein hübsches Mädchen. Infolge der anhaltenden Dürre herrscht in der von der Natur prinzipiell benachteiligten Provinz Murcia Wasserknappheit. Die Bauern müssen ihre Felder bewirtschaften und dazu ist das kostbare Nass unerlässlich. Die gerechte Verteilung führt immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten. Ein weiterer Grund für den tief sitzenden Hass zwischen Javier, der einen wohlhabenden Vater hat, und Pencho, der um das wirtschaftliche Überleben kämpfen muss, ist das gesellschaftliche Gefälle. Das allgemeine Unbehagen in Kombination mit der unerträglichen Hitze ließ den Minderbegüterten zur Schusswaffe greifen, um den Verursacher seines Ärgers damit übel zuzurichten. Bei Strafanzeige droht dem Schützen nun wegen schwerer Körperverletzung mit Sicherheit Gefängnis. Mit Geld kann er sich nicht auslösen, weil er keines hat. Um der Verfolgung durch die Justiz zu entgehen, ist der Verunsicherte vorläufig erst einmal nach Algerien geflüchtet.

Don Pepuso würde Pencho gern wieder im Dorf sehen und hat ihm einen Brief geschrieben. María del Carmen gilt eigentlich als die Geliebte von Pencho. Da dieser aber im Moment nicht zur Verfügung steht, pflegt die Humorvolle ersatzweise den verletzten Javier, der die Nähe von María del Carmen mit Wohlbehagen genießt. Die Dorfschöne hat sich allerdings von Javier ausbedungen, auf eine Verfolgung des flüchtigen Pencho zu verzichten, zumindest aber diese erst dann anzugehen, wenn Gras über die Geschichte gewachsen und sein Gesundheitszustand wieder stabil ist.

María del Carmen ist nicht nur schön, sondern auch fromm. Mit ihrer Freundin Fuensanta sammelt sie Geld, um für die gesundheitliche Wiederherstellung Javiers eine Messe lesen zu lassen. Don Pepuso hat an Pencho einen Narren gefressen und glaubt, dass María del Carmen den Javier begünstigt, weil dieser über Vermögen verfügt. Er spottet und empfiehlt, nicht für sein Wohlbefinden, sondern für sein Requiem zu sammeln. Im Moment sei der Pfarrer allerdings erkrankt, berichtet Don Fulgencio und will Hochwürden mit den Dorfbewohnern einen Besuch abstatten. Die Dörfler halten zu María, und ihr es gelingt es sogar, Pepuso von ihren edlen Absichten zu überzeugen, so dass sie ihn auf ihrer Seite weiß.

Der Vater sieht es gern, wenn die attraktive María del Carmen zu Besuch kommt und wünscht sie sich als Schwiegertochter. Er verlässt das Haus mit dem Vorwand, den Arzt zu konsultieren, um die beiden allein zu lassen. Javier erklärt der Angebeteten seine Zuneigung, doch María del Carmen ist über das Geständnis nicht entzückt. Der Zurückgewiesene fragt, weshalb sie überhaupt zu Besuch komme, wenn sie ihn nicht liebe. Sie kann ihn doch einfach sterben lassen. Doch María hat eine Mission zu erfüllen: sie möchte von ihm Verzeihung für Pencho erlangen. Oh, da kann sie aber lange warten! Der Vater kommt zurück. Domingo hat mit dem Arzt gesprochen und glaubt nun, dass nur Marías Liebe seinen Sohn erlösen kann. Er gibt Druck und zeigt María die Waffe, mit der Pencho Javier attackiert hat. Sie soll als Corpus delicti dem Richter vorgezeigt werden. María ist nicht geneigt, über sich bestimmen zu lassen.

Fuensanta bringt die Nachricht, dass Pencho wieder im Dorf sei. Vater Domingo hat es eilig und zeigt Härte - entweder es wird das Aufgebot bestellt oder der brutale Pencho geht hinter Gitter.

2. Akt:

Don Domingo hat die Vorstellung, dass die Festnahme von Pencho verhandelbar sei, und spielt mit dem Bürgermeister Karten. Fuensanta, die zu früherer Zeit schon einmal mit Pencho liiert war, denkt, dass María es mit Javier ehrlich meint und freut sich, den früheren Verlobten von ihr als Geschenk zurückzuerhalten. Domingo und Marías Mutter Conceptión planen die Vorbereitungen zur Verlobung. Fuensanta signalisiert ihrer Freundin, dass ihr Hochzeitstag ein glücklicher sein wird. Die Zufriedenheit Marías ist jedoch nur vorgetäuscht, um vor den Dorfbewohnern das Gesicht zu wahren und den zukünftigen Schwiegervater nicht zu verstimmen. In Wirklichkeit sieht sie der Zukunft mit Javier besorgt entgegen. Vater Domingo hat den Verlobungsring für María bereits gekauft.

Nach einem Jahr der Abwesenheit sieht Pencho María wieder. Er ist verdrossen, dass María sich entschieden hat, den zukünftigen Lebensweg mit dem Rivalen zu gehen. Der Entschluss kommt ihm nicht geheuer vor, und im Erklärungsnotstand erläutert sie ihm die Hintergründe ihrer Entscheidung. Sie offenbart den Pakt mit Domingo, der die Freiheit des Liebsten angeblich garantiere. Zur Umkehr sei es zu spät, doch die beiden gestehen sich ihre Liebe. Javier kommt hinzu und es kommt erneut zum Streit, der zu eskalieren droht. Wie gut, dass Pepuso dazu kommt und seinen Schützling einfach wegzerrt.

Der unglückliche Pencho entschließt sich für das kleinere Übel. Wenn er sich der Justiz einfach stellt, hat Domingo kein Druckmittel. Javier weiß, dass er María dann verlieren wird, dreht sich um 180 Grad und stellt das Geständnis des Gegners in Abrede. Dieser beherrscht jedoch die Verszeile des Liedes, die am Knauf seiner Schusswaffe eingraviert ist. Bevor es zur tatsächlichen Festnahme kommt, sieht María die Lösung in einer gemeinsamen Flucht. Dem stimmt der in seiner Ehre Getroffene nicht zu und will dem körperlich beeinträchtigten Rivalen erneut ans Leder.

3. Akt:

Das Pferd ist für die gemeinsame Flucht gesattelt. Im Hintergrund hört man die Festklänge der Verlobungsfeier. Javier ist auf die Terrasse getreten, um nach María zu suchen. Vater Domingo verhindert den erneuten Zusammenprall der beiden Rivalen. Pencho will nicht sang- und klanglos verschwinden, sondern sucht erneut die verbale Auseinandersetzung. Pencho kann doch auch ohne María die Flucht ergreifen! Der Arzt kommt hinzu und verhält sich aus ethischer Sicht unmöglich. Er teilt den Anwesenden mit, dass Javier ohnehin bald sterben wird und eine Vermählung keinen Sinn gibt. Der Verzweifelte Javier wünscht sich nun nichts anderes, als durch Penchos Hand zu sterben. Doch dessen Zorn hat sich in Anbetracht der unausweichlichen und beklagenswerten Situation verflüchtigt. Schweren Herzens bringt Javier das größte Opfer seines Lebens, welches nach Aussagen des klugen Doktors ohnehin bald enden wird. Der Todgeweihte gibt den Segen zu einer glücklichen Verbindung zwischen Pencho und María del Carmen. Mir seiner heroischen Tat hat er die Theaterbesucher zum Weinen gebracht.

Beschreibung

Enrique Granados y Campiña ist gebürtiger Katalane und in der katalanischen Gesellschaft verwurzelt. In seiner Heimat hat man es dem berühmten Sohn verübelt, dass er für seinen Opernerstling kein heroisches katalanisches Thema wählte, sondern seinen Blick auf die Provinz Murcia im Südosten Spaniens richtete. Deshalb war der Erstaufführung am Teatro Tivoli in Barcelona am 31. Mai 1899 auch kein überwältigender Erfolg beschieden. Man spricht sogar von Boykott. In Madrid, sechs Monate zuvor am Teatro de Parish, sah man lieber Zarzuelas als Szenen aus dem Landleben einer östlichen Provinz. Granados hält sich mit Effekten sehr zurück. Er folgt der Sprachmelodie des anspruchsvollen Textes, dem man anmerkt, dass er ursprünglich für das Sprechtheater gedacht war. Es geht um Liebe, Rivalität, Überlebenskampf und Frömmigkeit – um Situationen, die das tägliche Leben jedem bringen kann.


Letzte Änderung am 2.8.2007
Veröffentlichung mit Zustimmung von musirony