Michael Haydn (1737-1806):

Die Hochzeit auf der Alm

englisch The Wedding on the Alpine Pasture

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1768 ?
Uraufführung: 27. April 1768 in Salzburg
Besetzung: Soli und Orchester
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Manuskript: Bayerische Staatsbibliothek
Verlag: München: Strube Verlag, 2007
Bemerkung: Die vorliegende Komposition fungierte bei der Uraufführung als Finalstück zu einer vorangegangenen fünfaktigen Tragödie in lateinischer Sprache und diente der Entspannung – eine Gepflogenheit der damaligen Zeit. Überliefert sind wiederholte Aufführungen im Kloster Kremsmünster.

Musiknummern:

1. Introduktion auf zwei Hirtenflöten
2. Sinfonia. Allegro molto
3. Aria „Wer kann als ein Wildbretschütz lustiger sein“ (Polidor)
4. Aria „Auf!! Es kömmt der Frühling an“ (Phyllis)
5. Andante
6. Duetto „Lobet ihr Kräfte den Schöpfer der Welt“ (Phyllis, Galatea)
7. Menuett, Trio
8. Aria „Gequältes Herz! Entdecke mir die Wahrheit deiner Pein (Roderich)
9. Duetto „O meine Phyllis! Ich lebe vergnügt” (Pyllis, Galatea)
10. Jagdsignale auf zwei Hörnern – Aria „Nur keinem Jäger mehr trau'n (Jodl)
11. Ensemble „Wo wahre Treue die Herzen verstrickt“ (Selinda, Dorinda, Polidor, Roderich, Menalkas)
12. Finale. Prestissimo
13. Licenza „Mein Herzerl ist klein“ (Selinde, Polidor, Vokalensemble)
Opus: MH 107

Kaufempfehlung

CD: Klassika CD-Kaufempfehlung bei jpc
[Details]
Die Hochzeit auf der Alm (Schäfergedicht in 2 Aufzügen) (Profil, DDD, 2006)
Michael Haydn (1737-1806)

pizzicato.lu 06/2019: »Viviane Chassot spielt so zart und leicht, dass sich ihr Spiel wie ein musikalischer Duft über die einfühlsam begleitende Camerata Bern ausbreitet und sich einschmeichelnd damit vermischt. Das ergibt einen Klangreichtum und einen Charme, der bei aller Lieblichkeit nie bloß süß wirkt, sondern viel aussagt und auch den richtigen Gefühlen zu ihrem Recht verhilft. Das Ergebnis ist ein musik-olfaktorisches, elegantes musikalisches Gedicht. Mit ihren einhüllenden, warmen Nuancen sind besonders die langsamen Sätze bezaubernd. Chassot spielt fast schüchtern und zart, weich und warm. Ich hätte nicht gedacht, dass dies möglich ist, aber Mozarts Musik erlangt hier eine andere, eine neue Qualität.«

Zur Oper

Art: Ein dramatisches Schäfergedicht in zwei Aufzügen
Libretto: P. Florian Reichssiegel
Sprache: deutsch

Personen der Handlung

Phyllis: zuvor Selinde, eine Sennerin
Galatea: zuvor Dorinda, ihre Mutter
Roderich: der Landgraf, Vater Selindas
Polidor: ein Wildbretschütz, Selindas Bräutigam
Manalkas: Ziehvater Polidors
Jodel: ein Treiber

Handlung

1. Akt:

Eine Almhütte, ein Wasserfall, Felsengebirge, Sonnenaufgang, Morgenröte und in der Ferne weidendes Rindvieh sind die Attribute, aus denen der Bühnenprospekt zusammengestellt ist. Erstaunlich sind die klangvollen Namen, mit denen der Librettist seine Darsteller ausgestattet hat. Kenntnis der antiken Welt findet man nicht nur an den Hochschulen, sondern feine Bildung hat sich auch der Gebirgsdörfer bemächtigt. Die „Zenzi von der Alm“ ist dem Städter vielleicht geläufig, unsere Sennerinnen heißen aber Galatea und Phyllis.

Ein Jäger ohne Waffenschein ist doch kein Wilddieb, sondern ein Wildbretschütze. Salonfähig ist er allerdings nicht, denn der Herr Landgraf ist ihm unablässig auf den Fersen. Wird er erwischt, greift die Strafjustiz in der Regel auf der Stelle . Das ist so in Ordnung – der Fürstbischof von Salzburg, selbst Jagdherr, stimmt dieser Gepflogenheit zu - denn die Bestände an Rot- und Schwarzwild müssen gehegt werden, damit die Art nicht ausstirbt. Nicht jedem soll es erlaubt sein, sich Fleisch aus dem Forst zu beschaffen. Wozu gibt es Metzgereien und eine Hausschlachtung von eigens zu diesem Zweck gezüchtetem Borstenvieh. Der Genuss von Wildbret ist nur dem Adel und seiner Jagdgesellschaft erlaubt. Selbst der unerlaubte Verzehr von Wildkaninchen ist ein Sakrileg.

Der Freischütz unserer Klosteroperette hört auf den seltenen Namen Polidor und hat ein schlechtes Gewissen. Tagsüber ist er auf der Pirsch und des nachts pflegt er sich mit seiner Beute in einer Almhütte zu verstecken. Er ahnt nicht, dass diese im Moment bewirtschaftet wird, und am Morgen findet die Sennerin Galatea mit ihrer Tochter den Schlafenden in ihrer Hütte vor. Phyllis gefällt der schmucke Bursche sofort und sie bittet ihn, ihr ein Liedchen vorzuträllern. In der Arie „Wer kann als Wildbretschütz lustiger sein“ verleiht er seinem Frohsinn Ausdruck. Nun sei sie an der Reihe, ihr Talent vorzustellen. Er möchte kein Risiko eingehen. In eine Stimme, die sich anhört wie das Geräusch, welches eine Kuh verursacht, wenn sie in einen leeren Eimer trampelt, kann er sich nicht verlieben. Sie gibt ihm sogleich Zunder „Auf! Der Frühling kömmt an!“ Die Kleine soll es nicht so eilig haben. Polidor setzt sein Hütchen auf, nimmt sein Gewehr und wendet seine Schritte in den Wald. Phyllis schaut ihm sehnsüchtig nach. Galatea mahnt die Tochter, die tägliche Arbeit nicht zu vergessen.

Der Landgraf Roderich mit seinen Jägern und kläffenden Jagdhunden betritt die Wiese, um als Gast einen Becher Buttermilch zu trinken. Roderich hat Kummer mit sich selbst. „Gequältes Herz! Entdecke mir die Wahrheit deiner Pein“. Das Herz kann die Frage nicht beantworten, aber der Tag meint es gut mit ihm. In diesem Moment fällt in der Ferne ein Schuss. Die Jäger bewegen sich unverzüglich, um der Ursache nachzugehen, während die beiden Frauen sich wieder ihrer bäuerlichen Beschäftigung zuwenden. Mit Gesang geht alles besser. „Lobet ihr Kräfte den Schöpfer der Welt“ schallt es über die Almwiesen.

2. Akt:

Polidor ist in Bedrängnis geraten und möchte sich in der Almhütte verstecken. Die Jagdgesellschaft ist ihm auf den Fersen und stellt ihn schon vor der Hütte. Die beiden Damen müssen nun beweisen, dass sie mit dem Übeltäter nichts gemein haben. Vernünftigerweise verteidigen sie sich nicht, sondern ziehen es vor, dem Herrn Landgrafen schöne Augen zu machen und um Nachsicht und milde Strafe zu bitten.

Zur allgemeinen Überraschung und zu allem Überfluss tritt Menalkas, Polidors Ziehvater, auf und quasselt über Dinge, die er besser für sich behalten sollte. Mit dem Landgrafen verband ihn einst Freundschaft, hat sich dann aber durch seine Ränke unbeliebt gemacht. Von Eifersucht geplagt, sah Roderich sich gezwungen, seine Frau mit dem ungeborenen Kind von seinem Gutshof zu verjagen. Menalkas hatte ihm weisgemacht hat, dass die Angetraute ihn mit seinem besten Freund Ferdinand betrogen habe. In Wirklichkeit hatte er es selbst auf Dorindas Gunst abgesehen. Der unschuldige Ferdinand verstarb nach einem Jagdunfall. Der Schurke verlor Dorinda aus den Augen und konnte die Früchte seiner Intrige nicht genießen.

Roderich kommt nicht dazu, den Übeltäter zu maßregeln, denn Galatea gibt sich als verstoßene Gattin zu erkennen. Es muss den Theaterbesucher nicht wundern, weshalb der Herr Landgraf seine eigene Frau nicht wiedererkannt hat. Folgende Ursachen können in Betracht gezogen werden. Galatea hat ihren Vornamen umgewandelt, ist älter geworden und hat an Pfunden zugelegt. Die Sehkraft Ehepartners hat nachgelassen und er kann sich nicht vorstellen, eine erwachsene Tochter zu haben. In Oper und Operette mit buffoneskem Einschlag ist es üblich, dass jemand nicht wiedererkannt wird, sobald er sich ein wenig verkleidet.

Das Finale der Oper ist für alle zufriedenstellend. Roderich schließt die vermisste Galatea, die jetzt wieder Dorinda heißt, in die Arme und belohnt so ihre unverbrüchliche eheliche Treue. Phyllis möchte jetzt wieder mit ihrem richtigen Namen Selinde gerufen werden. Die unsäglich Verliebte bekommt ihren Polidor als Bräutigam, dessen Begnadigung sie zuvor bei ihrem Vater erwirkt hat. Das Zertifikat für eine Jagderlaubnis muss noch erworben werden, damit der „Hochzeit auf der Alm“ nichts mehr im Wege steht.

Der Fürstbischof Sigmund Christoph Graf von Schrattenbach bekommt seinen Willen. Johann Michael Haydn komponiert noch eine Arie für Selinde und Polidor nach seinen Wünschen „Mein Herzerl ist klein“, die dem vorangegangenen Finale noch angeklebt, aber in späteren Aufführungen wieder abgehängt wird.


Letzte Änderung am 8.1.2008
Beitrag von Engelbert Hellen