Emmerich Kálmán (1882-1953):

Die Csárdásfürstin

englisch The Gipsy Princess / französisch La Princesse tzigane

Allgemeine Angaben zur Operette

Entstehungszeit: 1914-15
Uraufführung: 13. November 1915 in Wien
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Spieldauer: ca. 140 Minuten

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Die Csardasfürstin (Naxos, DDD, 2002)
Emmerich Kalman (1882-1953)
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Die Csardasfürstin (DGG, 1971)
Emmerich Kalman (1882-1953)

Zur Operette

Art: Operette in drei Akten
Libretto: Leo Stein und Bela Jenbach
Sprache: deutsch
Ort: Budapest und Wien
Zeit: um die Wende des 19. Jahrhunderts

Personen der Handlung

Sylvia Varescu: Varieté-Sängerin
Edwin: ein Fürstensohn, ihr Verehrer
Boni / Bonifazius: ein Graf
Stasi / Anastasia: eine Comtesse
Feri: ein Adeliger
Leopold Maria: Fürst von und zu Lippert-Weylersheim
Anhilte: seine Gemahlin
Weitere: Varietédamen, Kavaliere und ein Notar

Handlung

1. Akt:

Das Varieté „Orphéum“ in Budapest ist ein Ort, an dem sich die Herren aus vornehmen Kreisen besonders gern aufhalten. Sie tragen als Abendgarderobe zum weißen Hemd einen schwarzen Frack mit Schwalbenschwanz, der innen mit grellem Tuch gefüttert ist. Im Knopfloch prangt eine weiße Kamelie. Die Kavaliere stellen - zusätzlich mit Hut und Spazierstock ausgerüstet - affektiertes Verhalten zur Schau und sehen den Sinn ihres Lebens darin, das Vermögen der hochadeligen Familie in genussvolle Unterhaltung umzumünzen, denn „ganz ohne Weiber geht die Chose nicht“.

Magnet des kleinen Theaters ist die schöne Sylva Varescu, die mit ihren Damen ungarische Folklore anzubieten hat und vornehmlich den Csárdás pflegt. Die Herren wollen zudem in Unterwäsche unterhalten sein. Die feurige Sylva übertrifft alle an Temperament und ist mit ihrer herrlichen Sopranstimme die Attraktion des Nachtclubs. Im Gegensatz zu den übrigen Damen macht sie keinen Kopfstand, um die Füße zum Strampeln frei zu haben – so etwas hat sie nicht nötig - sondern führt sich gesittet auf, um sich das Wohlwollen der Zuschauer im Parkett nicht zu verscherzen. Zu ihren Verehrern zählen die Grafen Boni und Feri, die ihr jedoch nicht wichtig sind, denn sie träumt von einer Karriere in Amerika.

Wäre da nicht Edwin, der Sohn des Fürsten von und zu Lippert-Weylersheim. In seiner schmucken Uniform wirkt er noch stattlicher und angenehmer als er ohnehin schon ist. Ihm gehört das feurige Paprikaherz, und beide scheinen füreinander bestimmt zu sein. Doch als Halbweltdame ist Sylva nicht würdig, in adeligen Kreisen zu hofieren. Eine kerzengerade Haltung, Bildung, Talent und gepflegte Manieren genügen leider nicht. Das Blut, welches durch die Adern braust, sollte nicht rot, sondern blau sein. So kommt mit einem Telegramm der Befehl des Fürsten an seinen Sohn Edwin, die Affäre mit der Traviata zu beenden und unverzüglich nach Wien abzureisen. Edwin hat weder rechten Sinn für seinen adeligen Stammbaum, noch den ausreichenden Respekt vor seinem vertrottelten Papa. Er bestellt den Notar, der auch gleich zur Stelle ist, um ein schriftliches Eheversprechen an Sylva zu fixieren. Alle sind begeistert, und die Stimmung schäumt über.

Nichtsdestoweniger muss Edwin die unvermeidliche Reise nach Wien antreten. Bonifazius wusste von den Plänen des Vaters und zeigt Sylva ohne hinterhältige Absicht die bereits gedruckte Verlobungsanzeige von Edwin und Anastasia. Die Getäuschte ist zutiefst beleidigt. Wie konnte Edwin ihr ein schriftliches Eheversprechen geben, wenn er bereits anderweitig gebunden ist? Wenn sie wüsste, dass die Verlobungsanzeige eine Fälschung ist...

2. Akt:

Das elterliche Fürstenpaar besitzt in Wien einen herrlichen Palast, in feinstem Jugendstil entworfen. Von hier aus schickt Edwin seiner angebeteten Sylva viele Briefe, die unbeantwortet bleiben, weil die Gekränkte sich nach Amerika eingeschifft hat. Wenn man eine Flamme nicht hütet, erlischt sie gar bald. Edwin findet, dass seine Cousine Stasi kein schlechter Ersatz ist, und in der Halle mit dem prächtigen Dekor findet man sich zum „Schwalbenduett“. Stasi schlägt vor: „Machen wir’s den Schwalben nach, bau’n wir uns ein Nest“. Doch Fehltritte wird sie sich nicht bieten lassen und droht schon im Vorfeld mit Sanktionen: „Bist du falsch, o Schwalberich, fliegt die Schwälbin fort“.

Sylva Varescu hat ihren Schatz nicht vergessen können und taucht – aus Amerika zurück - zu seiner Verlobung mit Stasi im Palast des Fürsten auf. Einmal noch möchte sie ihn sehen, bevor er für immer für sie vergriffen ist. Der Zutritt war nur möglich, weil sie Edwins Freund, den Grafen Bonifazius, beschwatzen konnte, sie als seine heimlich Angetraute dort einzuführen. Die Flamme der Liebe züngelt hoch empor, als Edwin seine Verflossene wahrnimmt. Der Schwalberich besitzt die Unverschämtheit, seinen lieben Freund Boni aufzufordern, sich unverzüglich scheiden zu lassen. Dieser ist einverstanden, wenn er im Tausch dafür die Prinzessin Stasi bekommt. Es kommt zum Skandal, weil der Fürst die Verlobung mit Anastasia gerade bekanntgeben will. Edwin erklärt öffentlich, eine andere zu lieben, und das ist Sylva. Stasi hat nach dem falschen Schwalberich kein Verlangen mehr und entschwindet.

3. Akt:

Um alles ins rechte Lot zu bringen, ist noch ein dritter Akt erforderlich. Leicht ist es nicht, denn Sylva Varescu ist immer noch gekränkt: Wie leicht es Edwin gefallen ist, sie auszutauschen! Doch das Publikum im Parkett, auf den Rängen und Balkonen erwartet, dass die beiden sich vertragen, weil es ohne Happyend nicht nach Hause gehen will. Deshalb trifft man sich noch einmal in der Halle eines Wiener Hotels, zu dem auch Stasi und Boni erscheinen. Die beiden haben ihre Zuneigung füreinander entdeckt, so dass es in Addition zwei glückliche Paare gibt. Dem Erinnerungsvermögen des alten Fürsten wird nachgeholfen, denn Anhilte war vor ihrer Hochzeit auch eine Varietédame.

Adel und Liebreiz der Erscheinung seiner zukünftigen Schwiegertochter gewinnen die Oberhand über kleinliche Bedenken - einen gewissen Stellenwert hat letzthin auch eine Csárdasfürstin.

Beschreibung

„Die Csárdásfürstin“ wurde Emmerich Kálmáns größter Erfolg, dem in späteren Jahren noch die „Gräfin Maritza“ und „Die Zirkusprinzessin“ folgen sollten. Ungarisches Temperament und die Folklore seiner Heimat wurden geschickt verwoben mit unerschöpflichem Einfallsreichtum an zündenden Melodien. Das Milieu der Halbwelt hatte Franz Lehár in „Die lustigen Witwe“ schon einmal aufgegriffen, so dass der Landsmann sich auf vertrautem Terrain bewegen konnte. Die Donaumonarchie hatte schon immer eine Schwäche für das schöne Ungarn, so dass der Welterfolg nicht ausbleiben konnte, der sich später am Broadway wiederholte. Kálmán zählt zu den Meistern des „Silbernen Operettenzeitalters“.


Letzte Änderung am 30.12.2006
Beitrag von Engelbert Hellen