Giovanni Pacini (1796-1867):

Alessandro nell'Indie

deutsch Alexander in Indien / englisch Alexander in India

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1824
Uraufführung: 29. September 1824 in Neapel (Teatro San Carlo)
Besetzung: Soli, Chor und Orchester

Zur Oper

Art: Oper in zwei Akten
Libretto: Leone Tottola nach Pietro Metastasio
Sprache: italienisch
Ort: an den Ufern des Hydaspes in Indien
Zeit: 326 v. Chr.

Personen der Handlung

Alessandro il Grande: Alexander der Große, König von Mazedonien (Tenor)
Poro: indischer König der Paurava (Mezzosopran)
Cleofide: indische Königin der Assakener (Sopran)
Timagene: Alessandros Vertrauter (Bass)
Gandarte: General in Poros Armee (Tenor)
Weitere: Hofstaat, Offiziere, Soldaten, Wachen

Handlung

1. Akt:

Erste Szene:

Die große Auseinandersetzung zwischen Alexander von Mazedonien an den Ufern des Hydaspes und den indischen Anrainern steht bevor. Prominente Gegner sind Königin Cleofide und König Poro, der einen prächtig aufgezäumten Kriegselefanten ins Kampfgetümmel lenkt. Trotzdem fürchten sich die verängstigten Untertanen, aber Cleofide versucht, ihnen frischen Mut zuzusprechen. Sorge bereitet ihr der militärische Verbündete Poro, in den sie zu allem Überfluss auch noch verliebt ist. Zurückkehrende Truppen berichten von einer verheerenden Niederlage, die der erfolgreiche Alessandro ihrem Heer beigebracht haben.

Wo steckt Poro? Die Heerführer glauben, dass er im Getümmel untergetaucht ist. Cleofide befiehlt ihnen, auf dem Schlachtfeld nach ihm zu suchen. Gandarte, Poros General, will ihn zuletzt noch lebend gesehen haben. Man braucht nicht nach ihm zu suchen, denn plötzlich steht er vor ihnen. Emotional geladen, erklärt er der königlichen Nachbarin, dass sie jubeln kann, denn nachdem Alessandro die Schlacht gewonnen hat, wird er wohl bald antreten und ihr seine indischen Siegestrophäen zu Füßen legen. Poro ist ein misstrauischer Mensch und will nicht einräumen, dass pure Eifersucht ihn plagt. Sie will erreichen, dass die Griechen davon ablassen, sein Reich zu überfallen, erklärt sie. Er glaubt ihr zwar nicht, verspricht aber trotzdem, ihr nie mehr zu misstrauen.

Alessandro ist von der Kriegskunst Poros ebenfalls angetan, gibt sich großzügig und schickt ihm einige hochrangige Gefangene wieder zurück. Oder handelt er nur taktisch aus Notwendigkeit, weil die Inder eine logistische Belastung für ihn bedeuten? In jedem Fall beschließt Cleofide, sich persönlich zu bedanken, was Poros Misstrauen erneut wachruft. Was führt die Geliebte wirklich im Schilde? Er erwägt, der Verführerin als Kundschafter verkleidet heimlich ins Lager der Griechen zu folgen.

Zweite Szene:

Am gegenüberliegenden Ufer des Hydaspes lagert Alessandro und ist über das Ende der Kämpfe erfreut. Seinem Freund Timagene gesteht er, dass er sich in Cleofide verliebt habe. Doch die Geschenke, die sie ihm überreichen will, weist er barsch zurück.

Er will wissen, ob sie als Untertanin gekommen ist, dann legt er Wert auf ihre Treue; Freundschaft sei umsonst, dafür erwartet er keinen Preis. Cleofide zeigt sich unbeeindruckt von der Abfuhr, die sie erhalten hat und will sich nur unterhalten. Im folgenden Wortgeplänkel möchte jeder der beiden sich überlegen zeigen. Alessandro gerät in die Defensive und unterliegt zunehmend ihrem Charme.

Timagene meldet einen Besucher, der sich mit dem Namen Abite vorstellt. Er sei Kommandant Poros und verlange Alessandro zu sprechen. In Wirklichkeit ist es Poro selbst, der aber seine Identität nicht aufdeckt.

Im Namen seines Königs erklärt er, dass dieser jedes Friedensangebot ablehne und fordert Alessandro auf, sofort aufs Schlachtfeld zurückzukehren. Das reicht aber noch nicht. Abite überbietet seine Unverschämtheit noch, indem er behauptet, Cleofide sei unzuverlässig und habe Poro hintergangen. Cleofide sind die Hände gebunden, muss ihre Empörung im Moment unterdrücken und flüchtet in die Sprachlosigkeit.

Alessandro und die Griechen lassen es sich nicht zweimal sagen, dass Poro vom Kampf noch nicht genug hat. Hilfsweise erklärt Cleofide nun, dass sie nichts mehr dagegen hat, wenn Alessandro in Zukunft gegen Poro operieren will. Er ist eingeladen zur Überquerung des Hydaspes, um für seine Operationen ihr Reich als Startbasis zu benutzen.

2. Akt:

Erste Szene:

Cleofide setzt ihre Absicht in die Tat um und trifft Vorbereitungen, an ihrer Seite des Flusses ein Zeltlager für die Vorhut der Krieger Alessandros zu errichten. Sie begrüßt den Feldherrn, nachdem er mit einigen Leuten die Brücke gebaut und überquert hat. Doch mit einem Störmanöver Poros hätte sie rechnen müssen. Unter der Führung Gandartes wird die Truppe, die in freundschaftlicher Absicht gekommen ist, angegriffen, um ihnen den Rückweg abzuschneiden. Doch die Griechen lassen sich das nicht gefallen und setzen sich massiv zur Wehr. Die Situation wird für Gandarte aussichtslos und er wirft sich verzweifelt in den Fluss.

Poro ist sich der Treue seiner Kampfgenossin nicht sicher, lässt sich aber erneut beschwatzen. Die Griechen marschieren heran und Poro kommt zu dem Schluss, dass der Tod besser sei als Gefangenschaft. Zuvor will er aber Cleofide töten und zückt schon seinen Dolch. Alessandro kommt rechtzeitig hinzu und kann ihm die Waffe entwenden.

Cleofide liebt Poro gegen jede Vernunft noch immer und gibt ihn als den treuen Diener seines Herrn aus, der nur gekommen sei, um seinen Befehl auszuführen. Ob solcher Barbarei ist Alessandro entsetzt, führt Cleofide in Sicherheit und lässt den Boten, der natürlich kein anderer als Poro selbst ist, in Gewahrsam nehmen.

Zweite Szene:

Gandarte war das Wasser zu kalt gewesen und er konnte sich mit Hilfe seiner Gefährten retten. Er soll sich aber nicht von Alessandro erwischen lassen und Cleofide drängt ihn zur Flucht, denn andernfalls wäre niemand mehr da, der den Widerstand der Inder fortsetzen könnte. Zur Flucht ist es zu spät und Gandarte kann sich nur noch verstecken, bevor Alessandro erscheint. Der Mazedonier erklärt, dass seine Leute genug von ihren Allüren haben und fordern nun Cleofides Kopf. Als einzigen Ausweg sieht Alexander, unverzüglich von ihr geheiratet zu werden.

Für Gandarte, der Cleofide ebenfalls liebt, geht der Plan über sein Vorstellungsvermögen. Er springt aus seinem Versteck hervor und behauptet Poro zu sein. Da er die Inder zum Widerstand gegen Alessandro aufgestachelt habe, sehe er ein, dass er sterben müsse. Er wolle aber nicht zuschauen, wie Cleofide dem Blutdurst der griechischen Beutejäger verfalle.

Alessandro fällt auf den Schwindel herein und glaubt, dass es Poro ist, der ihn anspricht. Er fühlt sich von der noblen Absicht entzückt, dass sein Rivale sich opfern will. Er verzichtet auf Cleofide und gibt sie dem Mann zurück, von dem er denkt, dass er ihr Geliebter ist.

Mit Gandarte allein zurück geblieben, will Cleofide ihm für sein mutiges Eingreifen danken, als ein Zug von Jungfrauen sich nähert. Diese tragen Trauerkleidung und beklagen den Tod Poros. Trotz der Fesseln, die ihn banden, habe er sich in den Hydaspes geworfen und sei von den Fluten fortgerissen worden. Cleofide ist untröstlich und ruft den Tod herbei, der sie von ihrem Leid erlösen und mit Poro wiedervereinigen soll.

Doch dazu soll es nicht kommen. Denn so schnell ertrinkt man nicht, wenn man fürsorgliche Untertanen hat. Trotzdem ist Poro tief betrübt, weil sein Verstand ihm sagt, dass sein Königreich nun den Bach hinunter ist. Gandarte beruhigt ihn, indem er ihm versichert, dass er und Cleofide ihm treu ergeben sind.

Alessandro hatte sich zu früh darauf gefreut, dass Cleofide ihm ihre Hand schenken würde, nachdem Poro wieder von den Toten auferstanden ist.

Dritte Szene:

Soeben haben Gandarte und Poro erfahren, dass Cleofide Alessandro heiraten soll. Poro ist entschlossen, sie vorher zu töten und er versteckt sich mit seinem Komplizen im Bacchus-Tempel. Das Brautpaar betritt mit Gefolge den Tempel, um die Zeremonie über sich ergehen zu lasse, doch Cleofide hat es sich anders überlegt. Verschlagen verkündet sie, jetzt sei eine Zeit des Todes und nicht der Liebe. In Indien sei es Brauch, dass eine treue Witwe sich auf dem Scheiterhaufen verbrenne und sie sei gekommen, um sich dem Andenken Poros zu opfern. Weiß Cleofide nicht, wo ihr Vorteil liegt?

Poro, der noch kurz zuvor bereit war, sie zu erstechen, ist von Rührung überwältigt. Er tritt vor und erklärt allen Ernstes: Wenn schon gestorben werden muss, dann werden sie gemeinsam aus dem Leben scheiden. Gandarte will seinen König schützen, wiederholt seine alte Behauptung und beteuert, er sei selbst König Poro, doch er wird von den Anwesenden identifiziert und seine Erklärung fällt unter den Tisch.

Alessandro ist von Poros Bereitschaft, mit Cleofide gemeinsam zu sterben, fasziniert. An Großmut möchte er sich nicht überbieten lassen und der Mazedonier gibt dem König die Frau und sein Reich zurück. Für seine Nachsicht und Klugheit erntet er den Beifall der Inder und seiner Krieger. Das Publikum applaudiert ebenfalls.

Hintergrundinformation

Historisch gesehen war die Schlacht am Hydaspes in der Tat bemerkenswert. Alexander war von der Kriegskunst Poros angetan und bewunderte seine Prachtentfaltung. Die Historie hebt den Mut und den persönlichen Kampfeinsatz beider Kontrahenten hervor, denn sie stürzten sich an vorderster Front unter Einsatz ihrer körperlichen Präsenz ins Kampfgetümmel. Geniale Einfälle wechselten mit groben Pannen auf beiden Seiten ab.

Alexander hatte sie falsche Jahreszeit gewählt; der Monsunregen ließ den Hydaspes unverhältnismäßig anschwellen. Das Gelände war vorher unzureichend erkundet worden. Statt am jenseitigen Ufer anzukommen, sind sie Griechen zunächst auf einer Flussinsel gelandet.

Alexander konnte seine Reiterei nicht einsetzten, weil die Pferde vor den sechshundert Kriegselefanten zurückscheuten. Angeblich schlich sich ein Kundschafter heran, um einem Elefanten Pfeffer in den Riecher zu streuen Dieser wurde dann nervös, musste niesen und machte alle anderen Dickhäuter rebellisch. Die Krieger versuchten ihnen die Rüssel abzuschlagen; die Kolosse verloren ihre erlernte Disziplin und trampelten Freund und Feind nieder.

Die vielen Feuer, die Alexander in der Dunkelheit errichten ließ, sollten Mengen von Angreifern vermuten lassen. Die meisten waren aber schon vorgerückt, um den Fluss an unvermuteter Stelle zu überqueren - eine List, die Poro nicht einkalkuliert hatte.

Bei dem Gemetzel verlor Poro seinen ältesten Sohn und Alexander sein hochgeschätztes Pferd Bukophalos. Beide Kriegsherren brachten sich neben aller Gemeinheit gegenseitig auch Wohlwollen und hohe Wertschätzung entgegen, berichtet der Chronist.


Letzte Änderung am 1.3.2015
Beitrag von Engelbert Hellen