Casimir von Pászthory (1886-1966):

Tilman Riemenschneider

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1942
Uraufführung: 1957 in Basel
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Bemerkung: In der Aufführung von 1957 am Stadttheater Basel sangen Montserrat Caballé und Matti Lehtinen in den Hauptrollen. Anlässlich des 1300-jährigen Jubiläums der Stadt Würzburg wurde die Oper dort in 2004 wiederaufgeführt.

Zur Oper

Art: Oper in zwei Teilen und acht Bildern
Libretto: Dora von Pászthory nach einer Vorlage von Luise George Bachmann
Sprache: deutsch
Ort: Würzburg
Zeit: zwischen 1505 und 1525

Personen der Handlung

Tilman Riemenschneider: Bildhauer (Bariton)
Maria: sein Mündel (Sopran)
Rudolf von Scherenberg: Bischof (Bass)
Konrad von Thüngen: Domherr und später Bischof und Herzog (Tenor)
Dietz Eyb: Sekretär und Ratsherr (Bariton)
Martin Krontal: Ratsherr (Bass)
Hans Bermeter: Marias Bruder (Tenor)
Peter: Riemenschneiders Geselle (Bariton)
Linhart: Riemenschneiders Geselle (Tenor)
Weitere: ein Ritter - Bariton
der Ablassprediger - Tenor
der Truchsess von Waldburg
Dom- und Ratsherren, Landsknechte, Florian Geyers Knechte, Bauernleute, Aufrüher, Wallfahrer, Kinder, Volk, der Henker mit seinen Knechten

Handlung

1. Akt:

1
Der Bildhauer Tilman Riemenschneider hat sich mit seinen beiden Gesellen Peter und Linhart in der wunderschönen Stadt Würzburg niedergelassen. Während er an einer Bestellung für einen anderen Auftraggeber arbeitet, erhält er Besuch vom Ratsherrn Martin Krontal, der den Künstler beauftragt, für die Würzburger Marienkapelle zwei Skulpturen mit den Bildnissen von Adam und Eva in Stein zu meißeln.

Der Meister entschließt sich, die Stammeltern der Menschheit so darzustellen, wie Gott sie erschaffen hat. Dem Domherrn von Thüngen, von dem er weiß, dass er von Kunst nichts hält, will er damit zeigen, dass nicht nur die Italiener etwas Wertvolles zustande bringen, sondern auch in deutschen Landen die Kreativität beheimatet ist.

2
Das Resultat gefällt dem Domherrn und er möchte von Hans gern wissen, wer für die Eva Modell gestanden ist. Hans verrät ihm, dass er sich mit seiner Schwester Maria dem Meister zur Verfügung gestellt hat und ahnt folgerichtig, dass Thüngen sich in die Darstellerin der Eva verliebt hat. Er möchte sie für sich gewinnen, doch das Mädchen will von ihrem Verehrer nichts wissen und zeigt sich gegenüber seiner plumpen Annäherung abgeneigt. In Revanche droht Thüngen nun, Riemenschneiders Bewerbung um eine Ratsherrenstelle zu blockieren.

3
Über Hans startet der Domherr noch einen weiteren Versuch, das Mündel des Meisters für sich einzunehmen, muss aber einsehen, dass alle seine Bemühungen, Maria zu gewinnen, vergeblich sind.

Aus Frust bestraft er einige rebellierende Bauern mit unbarmherziger Härte. Auch die beiden Gesellen Peter und Linhart haben sich aus christlicher Verantwortung über die nackte Eva schuldigst aufgeregt. Maria ist betroffen und bittet ihren Vormund, sie vorübergehend zu beurlauben. Der Meister möchte sein Mündel, mit dem er sich ebenfalls Heiratspläne ausmalt, gern in seiner Nähe behalten, gibt aber aus Einsicht dem Wunsch Marias nach.

4
Dem Bischof von Scherenberg ist zu Ohren gekommen, dass Maria sich entkleidet hat, um sich modellieren zu lassen. Er verhört Riemenschneider, der ihn aber überzeugen kann, nichts Unrechtes getan zu haben. Das Zeitalter der Gotik war noch nicht ganz ausgelaufen und die Renaissance war erst im Kommen begriffen, so dass die Darstellung von Nackedeis zumindest bei der Ausschmückung eines sakralen Bauwerks jenseits der Alpen ungewöhnlich war.

Der Bischof entlässt den Künstler mit Gottes Segen. Zum Domherrn Thüngen hat er keine Zuneigung und empfiehlt sterbend, Lorenz von Bibra zu seinem Nachfolger zu wählen.

2. Akt:

5
Die Zeit vergeht und die Bauern werden infolge schlechter Behandlung immer aufsässiger. Ablassprediger und Wallfahrer sind überall unterwegs. Auf einer Wallfahrt begegnet Riemenschneider Maria wieder. Zwei Herzen finden sich; das Mädchen verweigert sich nicht länger und wird Riemenschneiders Frau.

6
Und wieder sind zehn Jahre ins Land gezogen. Konrad von Thüngen hat Karriere gemacht und ist Bischof und Herzog geworden. Er verübelt Tilman, der inzwischen zum Bürgermeister gewählt wurde, dass er sich quergestellt und seine Wahl lange verhindert hatte.

7
Der Bischof glaubt, der Bürgermeister begünstige den vor einigen Wochen ausgebrochenen Bauernaufstand und will ihn festnehmen lassen. Doch Würzburgs Bürger und die in die Stadt eingedrungenen Landsknechte befreien Tilman und die Bauern, so dass Thüngen sich genötigt sieht, einstweilen das Weite zu suchen. Der Bauernaufstand wird niedergeschlagen; der Bischof nimmt blutige Rache und hält hartes Gericht.

8
Obwohl Riemenschneider mit dem Aufstand nichts zu tun hat, wird er eingesperrt und unschuldig gefoltert. Maria bittet vergeblich um Gnade. Dem Meister ist keine Schuld nachzuweisen und er ist somit freizulassen. Seine Hände aber wurden vom Pöbel durch die Folter gebrochen und sind für seine schöpferische Arbeit untauglich geworden. Visionär verkündet der tief getroffene Künstler allen heute noch geknechteten Menschen eine bessere Zukunft. Sein Bekenntnis zur Humanität formuliert er in dem Vers:

„Die Welt wird auferstehen;
von allem Wilden, Ungebärdigen befreit
im Dienste reiner Menschlichkeit!“


Letzte Änderung am 20.10.2013
Beitrag von Engelbert Hellen