Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakow (1844-1908):

Maiskaja notsch [Майская ночь]

deutsch Die Mainacht / englisch May Night

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1878-79
Uraufführung: 21. Januar 1880 in St. Petersburg

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[Details]
Mainacht (Relief, DDD, 1998)
Nikolai Rimsky-Korssakoff (1844-1908)

Zur Oper

Art: Oper in 3 Akten
Libretto: Nikolai Rimsky-Korsakoff nach einer Erzählung von Nikolai Gogol aus dem Zyklus „Die Abende auf dem Vorwerk nahe Dikankas“
Sprache: russisch
Ort: Ukraine
Zeit: in der Woche vor Pfingsten

Personen der Handlung

Bürgermeister
Levko: sein Sohn
Hanna: ein Dorfmädchen
Kalenik: ein Trunkenbold
Weitere: die Schwägerin des Bürgermeisters, ein Schnapsbrenner, ein Schreiber und Gerichtsbüttel, ein verzaubertes Mädchen, eine verzauberte Stiefmutter, viele Rusalkas, Dorfjugend

Handlung

1. Akt:

Der Sohn des Bürgermeisters bringt seiner Liebsten ein Ständchen: Die Sonne sinkt und der Abend naht. Das Herzchen soll doch für einen Augenblick herauskommen aus der Hütte. Gewiss schläft das stolze Mädchen noch gar nicht. Es treibt nur seinen Spott mit ihm. Das gefällt ihr wohl? - Zu seinem Lied begleitet Levko sich selbst auf der Bandura. Aber so stolz ist das Mädchen doch gar nicht! Sie macht tatsächlich die Tür auf. - Das schöne Wacholderbeerchen soll nicht zürnen. - Tut sie doch gar nicht! Der hübsche Bursche soll ihr etwas erzählen. Über das verwahrloste Herrenhaus auf der anderen Seite des Sees, welches in der Abenddämmerung so gespenstisch ausschaut, möchte Hanna gern Einzelheiten wissen. Er will sie nicht in Unruhe versetzen, aber nachdem Hanna mit Bitten nicht nachlässt, beginnt er seine Erzählung.

In dem unheimlichen Haus hat einst ein Kosakenhauptmann gewohnt, der nicht ahnte, dass er in zweiter Ehe eine Zauberin geheiratet hatte. Diese konnte aber ihre Stieftochter nicht leiden und setzte ihr ständig zu, so dass das verzweifelte Mädchen in den See sprang. Ein bisschen hat sie der Stiefmutter von ihrer Zauberei abgeguckt, und es gelang ihr, sich in eine Nixe zu verwandeln. Es gab noch mehr Nixen in dem See und so hatte sie gleich Spielgefährtinnen. Am liebsten neckten sie sich bei Mondenschein, dann war das Wasser schön silbrig, und sie spritzen sich gegenseitig nass.

Schlimmes führten sie gegen die Stiefmutter im Schilde. Die Rusalkas planten sie ins Wasser zu zerren, wenn sie nachts bei Mondschein schwimmen ging. Doch diese war gewieft und verwandelte sich auch in eine Nixe, als man versuchte, sie in die Tiefe zu zerren. Am Ende wusste die neunmalkluge Pannotschka nicht, welche von den vielen Nixen nun die böse Stiefmutter war und ging den anderen Rusalkas mit ihrer Fragerei ständig auf die Nerven.

Levko kann nicht weiter erzählen. Die Dorfmädchen kommen mit Blumen und Kränzen geschmückt herbei und besingen den Frühling. Die Woche vor Pfingsten ist den Rusalkas gewidmet, von denen es im See so viele gab, wie Kieselsteine. Nachdem die Wasserqualität aber nachgelassen hat, weil Abwässer in den See geleitet wurden, hat sich in heutiger Zeit die Zahl der Undinen bedeutend verringert.

Die fröhliche Stimmung wird durch den betrunkenen Kalenik gestört, der einen Hopak tanzt und den Bürgermeister beschimpft. Die Mädchen machen sich über ihn lustig, weil er soviel Wodka getrunken hat, dass er seine Hütte nicht finden kann. Aus Spaß schicken sie ihn zur Hütte des Dorfschulzen und behaupten, es sei seine eigene Behausung.

Der Bürgermeister selbst ist nicht daheim, denn er stellt Hanna auch nach, ohne zu bedenken, dass sein Sohn Levko es ernst mit dem Mädchen meint. Er erscheint vor der Hütte mit den vielen kleinen Kirschbäumen und ruft ihren Namen. Das Seelchen soll schauen, wie verliebt er ist. Der Dorfjugend ist der tollpatschige Alte ein Gräuel, und aus Jux beginnen die Burschen den Wohlbeleibten abzuküssen. Dieser versucht, sich der unfreiwilligen Liebkosungen durch Flucht zu entziehen, so gut seine Korpulenz ihm dies gestattet. Levko ist der Auftritt des amourösen Vaters unangenehm und er überlegt mit den Jungen, wie man ihm sein unangebrachtes Verhalten abgewöhnen kann. Man könnte ein Spottlied auf ihn komponieren. Schließlich hat Levko die Hanna für sich auserkoren; der Vater soll das gefälligst respektieren. Dem Schreiber wollen sie am liebsten auch gleich eins auswischen, und alle ziehen lärmend zum Haus des Dorfschulzen. Es brennt noch Licht.

2. Akt:

In seinem Rausch merkt Kalenik gar nicht, dass Leute anwesend sind, als er in das Haus des Bürgermeisters hereinpoltert. Unentwegt schimpft er auf das Dorfoberhaupt und legt sich in eine Ecke zum Schlafen nieder, in der Annahme, er sei in seiner eigenen Hütte.

Der Hausherr hat seine Schwägerin und einen weiteren Gast zu Besuch. Wichtige Verhandlungen stehen an, denn der Schnapsbrenner möchte sich im Dorf gewerblich niederlassen. Über das unmanierliche Verhalten des betrunkenen Eindringlings ist der Hausherr erbost, will ihn fluchend vor die Tür setzen, als ein Stein durch die Scheibe fliegt. Draußen wird ein unflätiges Liedchen vom „krummen schiefmäuligen Bürgermeister“ angestimmt. Wütend verlässt der Verspottete seine Behausung und greift sich einen der Schreihälse, um ihn zu vertrimmen. Er merkt nicht, dass er das eigene Söhnchen erwischt hat, der sich in einen Schafspelz eingewickelt und sein Gesicht mit Ruß eingeschwärzt hat, um nicht erkannt zu werden. In diesem Moment geht das Licht aus. Als der Erzürnte ein zweites Mal zugreift, erwischt er versehentlich die Schwägerin, die in hoher Stimmlage um Hilfe schreit. Aber der Wütende denkt, das Opfer verstelle sich nur und stößt es in die Kammer, um diese anschließend zuzusperren.

Der Irrtum klärt sich bald auf, als der Gerichtsbüttel hinzukommt und erklärt, den größten Schreihals in dem schwarzen Schafspelz selbst festgenommen und in den Arrest gesteckt zu haben. Die Personenbeschreibung passt auch auf die Person in der Kammer und als man die Tür öffnet, kann die versehentlich eingesperrte Schwägerin ihrem Zorn freien Lauf lassen. Wütend verlässt die Furie das Haus.

Was die Anwesenden noch nicht wissen, ist, dass die rüpelhaften Dorfjungen - man kann schon fast von einer übel beleumundeten Jugendbande sprechen - sich die Schwägerin gegriffen und gegen den in der Amtsstube festgehaltenen Levko ausgetauscht haben.

Auf dem Dorfe ist man abergläubisch, der Schnapsbrenner ganz besonders. Der Teufel treibt sein Unwesen und kommt auf die absurdesten Ideen. Man muss schon sehr pfiffig sein, um den Teufel zu überlisten.

Die Dorfbewohner begeben sich zur Arrestzelle des Büttels, und man schaut durch das Schlüsselloch, um festzustellen, wer der Festgenommene sein könnte. Es ist die gleiche Frauensperson aus dem Haus des Bürgermeisters. Sollte etwa der Teufel seine Hände im Spiel haben und sich in eine Frauensperson verwandet haben, um die Leute irrezuleiten? Am besten gleich die Hütte in Brand stecken! Jammern hilft! Die Schwägerin ist in der Lage, ein Kreuzzeichen zu machen – der Teufel ist zu solch einer Handlung nicht fähig – und kann sich somit als Menschenwesen legitimieren. Durch das Fenster hatte die jugendliche Meute sie in das Zimmer geschoben, den Levko freigelassen und die Fensterläden zugesperrt.

Der Spuk ist noch nicht vorbei. Jetzt hat man den betrunkenen Kalenik ergriffen und denkt, dass dieser den Stein geworfen hat. Er wird in Untersuchungshaft genommen und bezieht das Verlies im Austausch mit der Schwägerin. Jetzt müssen noch die übrigen Ruhestörer gefasst werden – Anordnung des Bürgermeisters.

3. Akt:

Levko hat einen kleinen Spaziergang zum alten Herrenhaus am See gemacht. Die Maiennacht ist lauschig, und er legt sich am Ufer des Sees nieder, um bald einzuschlafen. Zuvor hat er noch auf seiner Bandura gespielt und beschäftigte sich in Gedanken mit seiner geliebten Hanna.

Plötzlich gehen im alten Herrenhaus die Lichter an. Ein hübsches Mädchen, es ist die Tochter des Kosakenhauptmanns, beugt sich aus dem Fenster. Die Schöne, die eigentlich ertrunken sein müsste, lobt den Banduraspieler und bittet ihn, mit seiner Musik fortzufahren. Wassernixen werden durch die Musik angelockt und umwerben den Jüngling mit Spiel, Gesang und Tanz. Ketten aus Seerosen hängen sie ihm um den Hals. So schön kann eine Mainacht in der Ukraine sein. Ihrem Versuch, ihn in die Tiefe des Sees zu ziehen, setzt der Umschmeichelte sich kraftvoll zur Wehr.

Plötzlich ertönt die Stimme des ertrunkenen Mädchens aus dem Wasser und konfrontiert Levko mit einem Anliegen. Er soll die böse Steifmutter aus den vielen Nixen herausfinden, damit sie endlich Rache üben kann. Die Nixen beginnen ein neckisches Fangspiel, und man fragt, wer den Sperber spielen will. Keine möchte diese Rolle übernehmen, weil die bösen Sperber den Hennen immer ihre Küken wegnehmen. Nur eine Nixe kennt das Spiel offenbar noch nicht und meldet sich, den Part zu übernehmen. Levko erkennt sie als die böse Stiefmutter und gibt sein Wissen preis. Die Rusalkas stürzen sich mit einem Aufschrei auf die Artfremde, die daraufhin ihr Nixendasein aushaucht. Die ehemalige Kosakentochter ist dem Jüngling für seine Hilfe unendlich dankbar und überrecht ihm ein Schriftstück.

Die Sonne steht schon hoch am Himmel, als Levko aufwacht und einen Briefumschlag mit einem amtlichen Schreiben in seiner Hand erblickt. Was passiert nicht alles in einer Mainacht am Ufer eines verträumten Sees bei Dikankas? Nun kann er dem Vater den Befehl des Komissars überreichen, der beinhaltet, dass er unverzüglich den Levko mit der Hanna zu verheiraten habe. So steht es in dem Briefchen, den die Rusalka dem Bürgermeisterssohn in der Nacht aus Dankbarkeit überreicht hat. Dem Dorfschulzen bleibt nun nichts anderes übrig, als dem Befehl seines Vorgesetzten nachzukommen. Nun kann das Glück der Liebenden niemand mehr stören, und Freunde und Freundinnen wünschen den beiden Glück.

Beschreibung

Groteskes und Märchenhaftes vermischt sich mit ukrainischer Folklore zu einer faszinierenden Partitur. Rimsky-Korsakoff hat die Novelle Gogols ohne wesentliche Einschnitte unmittelbar umgesetzt und trifft die unterschiedlichen Charaktere und Situationen zielsicher mit seiner musikalischen Beschreibung.


Letzte Änderung am 30.12.2016
Beitrag von Engelbert Hellen