Giacinto Calderara (1729-1803):

Ricimero

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1755
Uraufführung: 27. Dezember 1755 in Turin (Teatro Regio)
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Bemerkung: Anlässlich des zweihundertsten Todestages des Komponisten wurde seiner Oper „Ricimero“ die Ehre zuteil, in reduzierter Form in fünf italienischen Städten wieder auf die Bühne gebracht zu werden. Historisch wenig bedeutend, griffen die Librettisten trotzdem nach dem Despoten der Völkerwanderungszeit. Galuppi und Jommeli vertonten den Stoff ebenfalls.

Zu seiner Zeit ein vielbeachteter Opernkomponist, erreichte Calderaras Oper „Ricimero“ im Anschluss an die Premiere in Turin noch zwanzig weitere Aufführungen. Die Musik ist äußerst lebhaft und bot Kastraten und Primadonnen Gelegenheit zu ausgesuchten Verzierungstechniken. Im Kampf um Liebe und Macht verkörpert Rodoaldo im Ensemble stimmlich das einzige Mannsbild.

Zur Oper

Art: Dramma per muscia
Libretto: Francesco Silvani
Sprache: italienisch
Ort: Rom
Zeit: Mitte des fünften Jahrhunderts

Personen der Handlung

Flavio Ricimero: König der Westgoten
Eduige: seine Verlobte, geliebt von Edelberto
Rodoaldo: unrechtmäßiger König von Norwegen, greift Rom an
Ernelinda: seine Tochter, in Liebe verbunden mit Vitige, begehrt von Ricimero
Edelberto: böhmischer Prinz, militärisch verbündet mit Ricimero
Vitige: Edler aus Dänemark, militärisch verbündet mit Ricimero

Handlung

Nicht genug damit, dass Rodoaldo sich des Thrones seines Landes gewaltsam bemächtigt hat, er verspürt Gelüste, sich die ewige Stadt untertan zu machen und fällt mit Heeresmacht in Rom ein. Eduige, die rechtmäßige Anwärterin auf die norwegische Krone, sucht Schutz beim Gotenkönig Ricimero, der das weströmische Reich regiert, und verlobt sich mit ihm.

Mit seinen beiden Vasallen Edelberto, ein Prinz aus Böhmen, und Vitige, ein Edler aus Dänemark, gewinnt Ricimero die Schlacht. Der besiegte Rodoaldo wird in seine Schranken verwiesen und eingesperrt. Die Liebschaften sollen nicht im Schatten des Schlachtgetümmels stehen. Große Verwicklungen wird es nicht geben, denn jeder weiß was er will; die Intrigen bleiben überschaubar. Also, das blondgelockte Töchterlein des Norwegerkönigs liebt den Dänen und Edelberto fühlt sich zu Eduige, der Verlobten des Königs, hingezogen. Ricimero möchte Eduige gern abgeben, weil er sich in das nordische Blondchen vernarrt hat. Letztgenannte hält aber an Vitige fest.

Ernelinda weint um ihren armen Vater, dem man seinen Machthunger austreiben will und ins Gefängnis gesteckt hat. Mit einem Gnadengesuch wendet sich die Tochter direkt an den König. Von dem Liebreiz der weinenden Schönheit ist Ricimero überwältigt und hat nur den einen Wunsch, Ernelinda zu besitzen. Es kümmert ihn nicht, dass Herzensbande sie an Vitige binden, dem Getreuen an seiner Seite im Kampf gegen Rodoaldo. Die Krone Norwegens will er dem Waffenbruder verschaffen, wenn er dafür auf Ernelinda verzichtet. Das Paar denkt jedoch nicht daran, sich zu trennen. Die Norwegerin zeigt Stolz, obwohl sie es sich nicht leisten kann. Niemals wird sie den Geliebten aufgeben! Muss der Imperator erst unangenehm werden? Mangelnde Einsicht des Objektes seiner Wünsche versperrt ihm den Weg zur Lust.

Zunächst einmal wandert Vitige ins Gefängnis, verbrochen hat er nichts, aber der Zweck heiligt die Mittel. Ein teuflischer Plan soll das Opfer gefügig machen. Ricimero lässt ein Todesurteil ausstellen, und Ernelinda soll den Todeskandidaten eintragen, entweder den Namen des Vaters oder den des Geliebten. Fällt die Unterdrückte keine Entscheidung, sterben beide! Was soll Ernelinda in ihrer Verzweiflung tun? Sie sieht keinen Ausweg. Doch es kommt gute Nachricht. Edelberto hat seinem Namen Ehre gemacht, sich gegen den Despoten gewandt und die beiden Gefangenen befreit. Ein Volksaufstand in kleinem Rahmen bahnt sich an. Ernelinda hatte sich schon entschlossen, den Vater zu schonen und den Geliebten zu opfern. Die Blondine kalkuliert messerscharf. Stirbt der Geliebte, wird sie ihm per Suizid folgen und im Jenseits sind beide dann wieder vereint. Die neue Nachricht vom geplanten Umsturz lässt sie sich nicht anmerken, erbittet Bedenkzeit und spielt weiterhin die Beklagenswerte, um Ricimero abzulenken. Doch dann geht alles sehr schnell. Die Palastrevolution gelingt, schafft neue Verhältnisse und entmachtet den Despoten.

Amor bringt die Paare zusammen: Ernelinda zu Vitige und Edelberto zu Eduige. Rodoaldo ist fehl am Platz und wird ins Nordland zurückgeschickt. Dort darf er nach Herzenslust regieren, denn Eduige wird zukünftig in Rom leben.


Letzte Änderung am 4.2.2008
Beitrag von Engelbert Hellen