Antonín Dvořák (1841-1904):

Vanda

deutsch Wanda

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1875
Uraufführung: 17. April 1876 in Prag (Nationaltheater)
Besetzung: Soli, Ansager, Chor (SATB) und Orchester (2222-4231-timp-grcs- trg-archi)
Autograph: vermutlich 1943 bei einem Bombenangriff der Alliierten auf Leipzig vernichtet worden
Verlag: Prag: Artia, 1955 (Gesamtausgabe der Werke Dvořáks)
Kassel: Bärenreiter, s.a.
Bemerkung: Das Zeitalter der deutschen Romantik war es gewohnt, sich mit Göttergestalten wie Wotan, Loge, Fricka und Freia zu beschäftigen. Antonín Dvořák schließt als Kontrast den slawischen Götterhimmel auf, in dem Swantovit, Perin und Czernobog das Sagen haben. Ein wenig ungewohnt, sich an dieses neue Szenarium zu gewöhnen, deshalb blieb der Vanda vermutlich auch der spontane Erfolg versagt. Antonín Dvořák wollte es der „Libuše“ seines Landsmann Smetana gleichtun und die Emanzipation der Frau fördern, konnte aber nicht mit der gleichen Durchschlagskraft auftrumpfen. Trotzdem ist sein Musikdrama „Vanda“ beachtlich und zu Unrecht ein wenig vernachlässigt. Das Werk dürfte Erfolg haben, wenn es liebevoll inszeniert und die dick aufgetragene Naivität des Librettos noch überzogen wird. Die Partitur erfüllt jedenfalls höchste Ansprüche.
Opus: op. 25
B 55

Kaufempfehlung

CD: Klassika CD-Kaufempfehlung bei jpc
[Details]
Wanda (Orfeo, DDD, 1999)
Antonin Dvorak (1841-1904)

C. Höslinger in KLASSIK heute 3/01: "Dvoraks Musik, diesich immer wieder zu fesselnden Momenten erhebt, kommtunter Albrechts Leitung zum vollen Gedeihen und Blühen.Somit stellt diese Ersteinspielung eine gelungeneRehabilitation von Dvoraks nahezu unbekannter, mit demNimbus der Unaufführbarkeit behafteten Historienoperdar.'

Zur Oper

Art: Tragische Oper in fünf Akten
Libretto: Václav Beneš-Šumavský nach einer Vorlage von Julian Surzycki
Sprache: tschechisch
Ort: in und um Krakau
Zeit: 10. Jahrhundert

Personen der Handlung

Vanda: eine polnische Prinzessin (Sopran)
Božena: ihre Schwester (Mezzosopran)
Slavoj: ein Ritter aus Krakau (Tenor)
Hoherpriester: (Bass)
Lumir: ein Barde (Bass)
Homena: eine Hexe (Mezzosopran)
Roderich: ein deutscher Fürst (Bariton)
Posel: ein Bote (Tenor)
Weitere: Hofstaat, Edelleute, Hofdamen, Krieger, Älteste, Priester, Mädchen und Burschen, Volk, Gespenster

Handlung

1. Akt:

An den Ufern des Wavel-Flusses besingen junge Mädchen den Frühling und pflücken Blumen:

„Die Sonne scheint, die Sonne wärmt,
Gott Swantowit schenkt uns den Lenz,
die grünen Wiesen lachen,
wir leben wie im Paradies

Die Erde hat ein neues Gewand,
Blumen, Haine überall.
Die Seele möchte dahin fliegen,
wo die Wonne wohnt.“

Der Refrain wird immerzu wiederholt. Prinzessin Vanda fordert ihre Mädchen auf, ihr einen Blumenkranz zu winden. Die Gabe ihrer aufrichtigen Herzen möchte sie auf dem Kopf tragen. Ihre jüngere Schwester Božena schließt sich ihrer Bitte an.

Sie hat bemerkt, dass Vanda bekümmert ist und bittet sie, ihr die Ursache mitzuteilen. Böse Vorahnungen plagen sie und die Götter mögen sie vor Unheil schützen. Stets war sie glücklich und heiter, frei wie ein Vöglein auf dem Zweig. Sie liebte Mädchenspiele und Gesang und dachte nicht daran, was die Zukunft bringen wird. Nachdem sie ihr großer Vater nun verlassen hat, kann sie nicht mehr glücklich sein, denn als junge Maid hat er ihr befohlen, ihm auf dem Thron zu folgen. Sie fühlt sich mit der Aufgabe überfordert, ihr geliebtes Polen zu beschützen. Daran sind die Erwartungen geknüpft, dass die Landesfahne weht und alter Ruhm zu neuer Kraft erblüht.

Vanda erblickt ihren Jugendgespielen Slavoj und bittet die Schwester, sie mit ihm allein zu lassen, denn sie möchte ein paar traute Worte mit ihm wechseln.

Mit „Erlauchte Herrin“ redet er sie an, doch Vanda wehrt ab, noch sei sie keine Herrscherin. Slavoj entschuldigt sich für seine vorlauten Worte, doch es wird nicht mehr lange dauern und ihr Volk wird sie auf den Thron heben. Sie soll schauen, wie sich ihr die Menschen von allen Seiten nähern und hören, was sie ihr zu sagen haben.

Slavoj eröffnet ihr, dass seine Tage in Krakau gezählt sind und er komme, um Abschied von ihr zu nehmen. Solches habe sie nicht erwartet, bedauert Vanda. Der Jüngling versucht, seine Emotionen zu beherrschen und denkt an die fröhlichen Spiele ihrer Jugendzeit, mit denen sie die Tage verbrachten. Als ruhmvoller Jäger erlegte er reichlich Beute und legte sie ihr zu Füßen. Kraft und Tapferkeit hatte er erworben, so dass ein Anspruch auf Liebe in seinem Herzen aufstieg. Doch nun stürzt der Turm zusammen, weil er einsieht, dass er eine Königin nicht zur Gattin nehmen kann.

So darf er nicht denken, Des Glückes Licht strahlt in ihrem Herzen, wenn sie ihn sieht. Der Liebe Paradies öffnet sich in ihrer Sehnsucht und neuer Lebensmut steigt in seiner Brust auf. Ihre Worte der Hoffnung schenken ihm eine neue Welt - er bleibt in Krakau.

Eine Trompete erklingt, Božena kommt zurück und erzählt, dass deutsche Boten mit Gefolge auf die Burg zureiten. Ist es eine gute Botschaft, die sie bringen?

Der Bote trägt sein Anliegen ohne Umschweife vor. Sein Herr und Fürst habe das innige Bedürfnis, ihr seine allgewaltige Hand anzutragen. Von Herzen wünscht er den Thron mit ihr zu teilen und bietet ihr als Lehen auch sein eigenes Land. Für sie seien das leere Worte. Fürst Roderich habe auf seinen Wunsch, als ihr Vater noch unter ihnen weilte, schon zweimal eine Abfuhr von Kraks Tochter erhalten. Muss sie denn alles dreimal sagen? Obwohl sie sein Angebot als die allergrößte Ehre ansieht, kann sie nicht aus eigenem Willen einen Gemahl aus fremdem Land gutheißen. Sprache und Sitte seien ihr fremd und wahrscheinlich dient er auch noch fremden Göttern.

Sie sei nicht mehr Herrin ihres eigenen Willens und der hohe Rat wird entscheiden und Antwort geben. Im Moment sei die Audienz beendet. Der Bote lenkt ein. Bald wird sie die Herrscherin sein und das Volk ihr willig folgen. Die aufrichtige Bitte ihres Fürsten möge sie bitte im Gedächtnis behalten.

Der Hohepriester hat es eilig, die Krönung vorzubereiten. Das Krönungsdiadem soll heute die Stirn von Kraks Tochter schmücken. Vom Vater wurde sie auserwählt und das Volk huldigt ihr bereits. Ganz Polen bittet sie, zur Vermehrung von Wohl und Ruhm über das Land die Herrschaft anzutreten.

In Demut vernimmt Vanda das Gebot der Götter und der Wille des Vaters ist ihr heilig. Doch vielleicht lässt sich der Entschluss noch ändern und sie sollen nochmals beraten und ihre Wahl bedenken, denn große Lust, den neuen Aufgabenbereich anzugehen, hat sie mitnichten.

Der Oberpriester lässt sich nicht abweisen. Der Wille der Götter sei nicht verhandelbar und das liebende Volk will ausschließlich sie zur Königin haben. Vanda wendet ein, das Volk solle sich einen König wählen,
denn dieser könne es besser führen und verteidigen!

Donnergrollen ertönt über dem Gebirge. Ob Perun ein Zeichen geben will? So verhält es sich. Sonst ist der Himmel immer klar und freundlich und nun häuft sich über der Bergkuppe dunkles Gewölk auf. Der Hohepriester meint, dass die Götter der Tochter ein Zeichen gaben, um sie ihren Willen erkennen zu lassen.

Lumir, ansonsten ein Sänger, tritt nun als Prophet auf. War es des Himmels Warnung oder eine schwere Drohung Peruns? Die Stimme des Donners schweigt nun und die Elemente sind freundlich geworden. Soll das heißen, dass der Donnergott seine Entscheidung noch nicht abgeschlossen hat, wiederholt der Opernchor die Ausführungen des Oberpriesters.

Vanda erklärt, dass sie der Deutung des weisen Priesters Glauben schenke, doch kann sie ihre Angst nur schwer verbergen. Den großen furchterregenden Göttern, die ebenfalls gerecht und weise sein können, wird Vanda Gehorsam erweisen und tun, was sie befehlen. Doch sie sollen Erbarmen mit ihr haben und sie nicht im Stich lassen, damit sie nicht verzweifelt und elend zugrunde geht.

Der Chor stellt fest, dass die hohen Götter ihren Willen erkennen und es donnern ließen. Der Himmel wird sich ihrer Königin zuneigen und die Sonne über sie scheinen lassen. Vanda legt protokollgemäß den Krönungsschwur ab, dass sie im Bedarfsfall für das Wohl ihres Volkes auch ihr Leben opfern würde. Jetzt setzt ihr das geistliche Oberhaupt die Krone aufs Haupt

Der Chor singt die Krönungshymne: „Götter der Erde und des Himmels, schenkt unserer Königin eure Gnade. Möge Euer Segen sie immer beschirmen! Behütet sie und haltet das Böse immer von ihr fern.“ Mit ihren Armen und ihren Waffen wollen sie Königin Vanda beschützen. Ihr Blut und all ihre Habe wollen sie auf Befehl und ohne zu zögern für ihr Heil hergeben.

Ganz allein nimmt Vanda auf dem Thron Platz.

2. Akt:

Es soll aber kein Dauerzustand bleiben, dass die schöne Jungfrau unbemannt bleibt. Vanda ist aufgefordert, einen ehrenvollen Gatten zu wählen - ihrem Herzen zur Wonne und dem Land zur Zier. Vanda klagt über schweren Kummer, denn als Königin darf sie sich nicht gönnen, wonach ihr Herz sich brennend sehnt. Slavoj baut auf seines Armes Stärke und plant bereits, die Hochzeit mit einem anderen Bewerber nach Rabaukenart zu vereiteln.

König Krak hatte entschieden, dass seine älteste Tochter Königin werden soll. Nachdem sie den Thron Polens bestiegen hat, wird sie nun einen Gatten wählen. Sein Wille mag sich heute erfüllen. Der Opernchor stimmt ihm zu und der geistliche Würdenträger schlägt einen Wettbewerb vor:

„Der Königsgatte sei ein Ehrenmann und körperlich fit, im Frieden angesehen und im Kampf tapfer, dem Volk bekannt und von ihm gerühmt. Er sei ein Fürst oder ein Edelmann, von unserem oder fremdem Geschlecht. Besteht er nun seine Aufgabe mit Lanze, Pfeil und Keule, ist ihm der Königin getreue Hand gewiss. Und sollten sich andere auch als Sieger zeigen, möge die Königin unter ihnen wählen.“

Die tapferen Ritter mögen antreten. Ein glänzender Lohn ist dem Sieger als Los beschieden. Der Sänger Lumir wird mit lauter Stimme Geschlecht und Namen jedes Ritters aufrufen.

Lumir hat eine Leier in der Hand und bringt sich in Positur:

Witomir, den siegreichen Ritter, stellt er zuerst vor. Zuhause ist er stets freundlich, doch im Kampf durch seinen starken Arm berühmt. Wo die Schlacht am Schwersten tobt, trägt sein Schwert den Sieg davon. Außerdem hat er viel Grundbesitz. Der Opernchor befindet, dass er der Königin würdig ist. Der Ritter Witomir lebe hoch!

Jetzt kommt der stattliche Welislaw an die Reihe. In der Schlacht ist er hart und grausam im Jagen der Feinde, Mut und Wachsamkeit sind dieses Ritters Tugend. Er ist Sieger über manches Land, sich und seinem Volk zur Tugend. Der Chor wiederholt sich und lässt den ehrenwerten Ritter hochleben.

Der Herold fährt fort: Unser Všerad, eine hohe Gestalt, weiß immer eine tiefe Bresche in den Schwarm der Feinde zu schlagen. Reich an Tugend und Herr auf zwei Burgen ist sein Sitz von deutschen Stammesgenossen umgeben. Furcht ist ihm stets fern. Der Chor verfährt auch diesmal wie üblich.

Drei Kandidaten sind erst einmal genug. Jeder soll sich nun der Vorschusslorbeeren würdig erweisen und den praktischen Teil der Übung vorführen. Lumir stellt die Requisiten zusammen und die drei Ritter versuchen, nun mit ihrer sportlichen Übung klar zu kommen. Doch die Ausführung gelingt keinem der Prüflinge. Pfeil und Bogen treffen den Apfel nicht, das Beil kann den Ast nicht brechen und der Lanze gelingt es nicht, den Schild umzustoßen. Vergeblich heben die Unglücksraben den Blick vertrauensvoll zur Königin; alle werden ausgelacht.

Ist denn kein Ritter zur Stelle, der den Konditionen gewachsen ist? Slavoj sieht seine Chance und führt an, dass er nicht von Adel ist und auch keinen Besitz sein eigen nennt - aber neben einem starken Arm hat er zusätzlich auch noch Köpfchen. Das Letztere setzt er zum Pfand, wenn er versagt. Der Opernchor gibt grünes Licht. Slavoj lebe hoch!

Vanda fühlt sich befangen und ist voller Unruhe, doch ihr Herz schlägt gleichzeitig voller Angst und Wonne. Ihr Junge soll wacker sein und sein Glück versuchen. Der Hohepriester will ihm wehren, doch Vanda argumentiert dass er schon in vielen Schlachten dabei war. So manchen anderen habe er beschämt und der Sieg solle ihm nun vergönnt sein, befindet Vanda. Der Hohepriester behauptet, nicht zustimmen zu können, weil Slavoj kein politisches Geschick besitze und nicht von Adel sei. Recht hat er!

Der Geist des großen Krak möge herabsteigen und seine weiße Stimme soll entscheiden, ob fürstliche Geburt einen solch hohen Stellenwert oder Bewährung im Kampf den Vorrang hat. Der jüngst verstorbene König kam ohne das Attribut der edlen Abstammung zurecht, zerschlug trotzdem alle Feinde und führte sein Volk zum Sieg.

Slavoj entledigt sich seiner Aufgabe mit Bravour. Swantowit führt seine Hand und verleiht ihm den Sieg. Doch der Hohepriester sperrt sich und bezeichnet Slavojs Mut als Frechheit; nie wird Vanda seine Gemahlin werden! Doch der autoritär Auftretende stellt sich damit in Widerspruch zum Willen des Volkes, welches feststellt, dass keiner der Edelleute ihm gleich war und entscheidet, dass seine Wünsche legitim sind und die Königin ihn zum Gatten nehmen wird. Vanda ist verzagt, hofft aber, dass Slavoj ihre Hand ertrotzen wird. Božena verspricht den Göttern reichliche Opfergaben, wenn Vanda den Jugendfreund zum Gemahl erhält.

Trompetengeschmetter ertönt am Burgtor. Roderich kommt.

Der Hohepriester fordert den gnadenvollen Fürsten auf, näherzutreten. In freundlicher Absicht sei der Nachbar gekommen, um der Königin seine Aufwartung zu machen. Mit ihm habe er ein Wörtchen zu reden! Zur rechten Zeit brachten die Götter ihn her! der Hohepriester gibt sich sichtlich erleichtert. Bei den Liebenden verhält es sich umgekehrt.

In wohlgesetzter Rede spricht Roderich die Königin direkt an und trägt sein Anliegen vor. Wohl geschützt von hohen Bergen liegt das Land, in dem er Herrscher sei. Von hohen Zinnen gekrönt, besitze er eine Burg aus behauenem Stein. Herr eines wackeren Volkes sei er genannt. Das alles will er ihr zu Füßen legen, wenn sie sein Weib und seine Herrin wird. Gern sei er auch bereit, ihre Hand zu erkämpfen, wenn es anders nicht zu machen ist. Sie sei nicht befugt darüber zu entscheiden; dafür sei der Rat zuständig, entgegnet Vanda ungeschickt. Der Hohepriester korrigiert die schroffen Worte, indem er ausführt, dass Roderich schon zu Lebzeiten des Königs um Vandas Gunst angehalten habe. Nie habe er zum Krieg aufgerufen und die Souveränität ihres Vaterlandes stets geachtet. Wenn Roderich heute erneut um die Königin wirbt, sieht er darin einen Wink des Schicksals.

Slavoj mischt sich in den Disput ein. Die Entscheidung sei zwar schon gefallen, aber ihm mache es nichts aus, zum Wettkampf sein Schwert ein zweites Mal zu ziehen. Falls es den edlen Männern nicht gefällt, dass er sich die Königin zur Gattin erkor, möge der Missgünstige zum Zweikampf antreten, damit die Entscheidung falle, stellt Roderich sein Anliegen klar. Swantowit kennt seinen Wunsch, die Königin zu ehelichen, behauptet Slavoj. Er fordere ihn zum Kampf und wähle das Schwert. Roderich wertet seine Aufforderung als Unverschämtheit und fragt, woher der Knecht das Recht nehme, einen Fürsten zu provozieren. Er soll sich mit seinesgleichen schlagen und sich wegscheren! Slavoj behauptet, ältere Rechte auf die Königin zu besitzen und sei nicht bereit, diese aufzugeben. Der Jüngling kenne nicht seine Kraft; die Strafe sei ihm sicher. Er soll schauen, dass die Strafe ihn nicht selber trifft! Ohne Schild will er mit dem Deutschen kämpfen und sich nur mit dem Schwert schlagen. Verärgert stimmt Roderich leichtfertig zu und Vanda bebt. Es folgt Schlag auf Schlag bis Roderich hinfällt und Slavoj ihm das Schwert aus der Hand schlägt. „Slavoj, vergieße kein Blut“, gellt erschreckt der Königin Stimme. Der Sieger schenkt dem Unterlegenen das Leben. Er möge sich bei der Königin dafür bedanken. Der Opernchor beschwichtigt, Slavoj solle sich mit dem Sieg begnügen, der Fürst sei schließlich ihr Gast. Slavoj trug den Sieg davon, ihm gehöre die Königin, jubelt das Volk. Slavoj und Vanda sonnen sich in der Götter Gunst und geben der Hoffnung Ausdruck, dass es mit diesem Streit getan ist. Obwohl Slavoj Sieger sei, ist sein Hoffen aussichtslos. Eigentlich sollte das Opernpublikum dem Hohepriester zustimmen, weil seine Entscheidung weitsichtig und durchdacht ist.

3. Akt:

Die Szenerie wechselt zur Höhle Czernobogs, eine weitere westslawische Gottheit, zu der in Liebesangelegenheiten gefleht werden kann. Es ist finstere Nacht und der Mond scheint. Die unglückselige Vanda hat sich in unscheinbarer Kleidung aufgemacht, um die kohlschwarze Gottheit mit ihrem Liebeskummer anzugehen und um die Erfüllung ihrer Wünsche zu bitten. Mit Slavoj ist sie in der Höhle verabredet, doch dieser hat sich offenbar verspätet. Statt Czernobog erscheint ein Gespenst, welches ein penetrantes Geheul anstimmt. Bevor Vanda entscheiden kann, ob es nicht doch der Sturm von draußen ist, wird sie bewusstlos.

Ach Vanda, du geliebte Seele, in der Nacht findet er sie hier! Sie solle aufwachen und zu ihm aufblicken! Die Wildnis hat ihr armes Herz erschreckt, doch ist die böse Stunde jetzt vorbei. Eine Fackel leuchtet und Stimmen dringen zur Höhle herein. Slavoj rät, sich in einem entfernteren Winkel zu verstecken. Sie wussten nicht, dass außer der Gottheit Czernobog noch die Hexe Homena hier wohnt. Ehre dem schwarzen Gott - es ist Zeit zum Opferdienst. Der Opernchor, der auch mit einem Mal anwesend ist, behauptet, dass die Stimme des dunklen Gottes sie auffordere, die Opferglut zu entflammen.

Die Höhle bevölkert sich. Roderich kommt auch noch mit zwei Rittern, um seinen Liebeskummer abzuladen. Hier weilt also die heidnische Teufelin! Vielleicht hat sie für ihn einen guten Rat, wie er Kraks Tochter erobern kann. Tag und Nacht verlangt sein Herz nach ihr. Das bleiche Licht des Mondes hat Vanda nicht getäuscht, doch Roderich darf sie hier nicht mit Slavoj zusammen sehen! Roderich ist es egal, ob Gott oder ein Unhold ihm dazu verhilft, Vanda zu erringen. Seine Seele verlangt nach ihr.

Homena stellt die Anwesenheit des Fürsten fest und fragt, was sie für ihn tun kann. Roderich nimmt einen langen Anlauf: Als er einmal ein Reh jagte, verirrte er sich im Forst. Und als sie dann plötzlich vor ihm stand, ward er von ihrem Blick verwundet. Ihr Zauber ließ ihn nicht mehr los und nun brennt in seinem Herzen die Liebe zur holden Maid. Doch bisher hat sein heißes Verlangen sich vergeblich um ihre Gunst bemüht. Doch sie kenne bestimmt ein geeignetes Mittel. Es kann Zauberei oder Verrat sein! Er schlägt vor, die Krakauer Herrscherin in ihre Höhle zu locken und ihm zu bekannt geben, wann es soweit ist. Sie soll ihn nicht fragen, was sie ihm sein soll, Gattin oder Liebchen - die Hauptsache ist, dass seine Qual ein Ende hat und er die Schöne nur zu fassen kriegt? Hat er sie erst in sein fernes Land entführt, gebe er der alten Hexe alles, was sie verlange.

Gern will sie seinen Wunsch erfüllen, der Währung in Gold gibt sie den Vorzug.

Slavoj kann nicht länger an sich halten und fragt die Königin, ob sie jetzt genug von dem Feigling habe. Vanda stößt in ihr Horn und Slavoj kommt mit gezogenem Schwert aus seinem Versteck hervor. „Schnöder Verräter, ziehe Dein Schwert!“ wird Roderich angeherrscht. Die beiden Männer gehen aufeinander los, aber Vanda trennt sie, weil es ein ungleicher Kampf ist. Roderich ist perplex, als er die Königin an diesem Ort sieht. Hat Homenas Zauberkraft so schnell gewirkt? Vanda ahnt den Sachverhalt und malt sich aus, was passiert wäre, wenn die Götter nicht auf ihrer Seite stünden. Bestimmt hätte Homena sie in ihre Höhle gelockt und ihr Fesseln angelegt, um sie Roderich zu übereignen.

Zum Fürsten spricht sie salbungsvolle Worte. In dunkler Nacht, inmitten dieser Felsen sei er in ihrer Macht, Doch ihr verlangt nicht nach Rache. Slavoj soll sein Schwert wegstecken und der Freund möge seiner Wege gehen.

Gut, er wird jetzt verschwinden, aber bald mit Verstärkung wiederkommen. Der enttäuschte Slavoj will von der Königin wissen, warum sie solchen Verrat nicht sogleich mit dem Tod des Unholds bestraft? Nein, sie ändert ihren Willen nicht, weil sie Charakter hat! Doch durch seinen Tod könne sie einen Krieg verhindern. Der schmähliche Fremdling soll sterben. Vanda achtet seiner Worte nicht und fordert den Fürsten nochmals auf, seines Weges zu gehen. Er wird seine Rache finden - ihr ganzes Volk wird er bestrafen!

„Svou pomstu najdu,
ztrestám všechen národ tvůj.“

4. Akt:

Der Hohepriester ist mit der Situation unzufrieden, nicht Frieden, sondern Schlachtgetöse verfolgt den Thron der Königin und unser ganzes Reich. Die Liebe, die sie für den Jugendgefährten empfindet, stürzt uns in einen Krieg mit unserem Nachbarland. Die Schlacht findet vor der Haustür statt.

Die Königin hat ihren Charakter gewandelt. Aus dem unschuldigen, jungen Mädchen ist binnen Kurzem eine streitbare Amazone geworden. Blutbesudelt von Kopf bis Fuß soll sie Bericht geben, ob der Streit gewonnen wurde oder ob der Feind gesiegt hat. Noch sei Polen nicht verloren; zur Stunde stehen sich die beiden Heere kampflustig gegenüber. Vanda will dem Swantovit noch schnell ein Opfer anbieten und ihn um den Sieg bitten. Sie hat eine fixe Idee, wenn der Gott mit den vier Gesichtern - für jede Himmelsrichtung eines - Polen gewinnen lässt, bietet sie ihm ihr Leben als Opfer an. Darauf schwört Vanda einen heiligen Eid. Man soll ihr nun das Banner reichen, welches sie zum Sieg führen wird. Der Geist ihres Vaters steht ihr ebenfalls bei und Roderich soll sich nur in Acht nehmen.

„O Swantovit, Du Höchster aller Götter, o Swantovit, der Du im Himmel waltest, gewähre uns gnädig Deinen Schutz!“ Wir sind es gewohnt, dass von Dir immer nur Gutes kommt. Sei bitte auch diesmal so lieb und nimm diesen Streit von uns. Der Hohepriester bestürmt im Wechsel mit dem Opernchor die Gottheit, der schwachen Maid zur Seite zu stehen.

Ein bisschen Zeit muss man Swantovit schon lassen, um das Schlachtenglück in die richtige Richtung zu lenken. Doch das Blut fließt weiter - die Hoffnung stirbt. Noch eine grausame Stunde wird gewartet, dann ertönt hinter der Szene ein freudiges „Halli hallo!“ War das nicht des Sieges Stimme? Der Gesang vervielfältigt sich. Die Götter haben uns erhört. Ihnen sei Dank. Siegreiche Krieger treten auf und klimpern mit ihren Waffen. „Heil dir o Königin - Žij nám královno, halohalo!“

Der erste Dank gehört unseren Göttern. Heil Dir Königin und dem wackeren Slavoj sei Ruhm beschieden, denn der Sieg ist auch sein Werk. Der Gott mit den vier Gesichtern hat ihnen die Freiheit wiedergeschenkt und der Feind ist ausgerottet. Vanda bedankt sich bei den Kriegern, doch jetzt muss sie von ihnen scheiden. Sie habe den Göttern in Wiederholung feierlich versprochen, dass sie ihnen ihr Leben weiht, wenn der Kampf gewonnen ist. Versprochen ist versprochen!

5. Akt:

Aber das war doch nur Spaß! Man wird sich doch noch versprechen dürfen. Nein, widerspricht der Hohepriester, heilig sei das Opfer und die Götter fordern nun ein, was sie gelobt hat. Slavoj protestiert und bringt ihr eine weiße Rose. Es sei doch besser, wenn ein Mann die Herrschaft in Händen hält, eine schwache Frau sei nicht die optimale Lösung, sieht die Königin ein. Man soll Slavoj krönen, noch ehe über ihrem Grab die Sonne aufgeht. Hat er ihren feierlich verkündeten Willen gehört und wird er ihn befolgen?

Nun betritt Vanda den dunklen Weg, der vorliegt. Nein, das grausame Opfer darf niemals geschehen! Es gibt Niemanden, der nicht tränenden Auges protestiert. Doch Vanda segnet das Volk und schreitet zum Fluss. Gern stirbt sie für das Wohl ihres Landes, sind ihre letzten Worte, breitet die Arme aus und stürzt sich in die Weichsel.


Letzte Änderung am 7.6.2013
Beitrag von Engelbert Hellen