Joseph Haydn (1732-1809):

L'Infedeltà delusa

deutsch Liebe macht erfinderisch / englisch Deceit Outwitted

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1773
Uraufführung: 26. Juli 1773 auf Schloss Esterházy
Besetzung: Soli (SSTTB), Streicher (mit Violoncello obligato), 2 Oboen, Fagott, 2 Hörner, Pauken
Verlag: München: Henle, 1964
Freiburg: Deutsche Harmonia Mundi, 1989
Bemerkung: weitere Titel: "Untreue lohnt sich nicht" oder "Die vereitelte Untreue"
Opus: Hob XXVIII:5

Zur Oper

Art: Burletta per musica in zwei Akten
Libretto: Marco Coltellini
Sprache: italienisch
Ort: in ländlicher Gegend der Toscana
Zeit: um 1750

Personen der Handlung

Vespina: eine junge Frau, Schwester von Nanni (Sopran)
Sandrina: ein schlichtes Mädchen, verliebt in Nanni (Sopran)
Nencio: ein reicher Bauer (Tenor)
Filippo: Sandrinas Vater (Tenor)
Nanni: verliebt in Sandrina (Bass)

Handlung

1. Akt:

1. Szene:

Die Kühle des Abends ist willkommen, um die bedrückende Hitze des Tages vergessen zu machen. Die Winde sollen noch sanfter wehen, damit die Wünsche des Herzens intensiver empfunden werden. Vater Filippo stimmt mit Nencio überein, dass nun alles geregelt ist und weitere Worte sich erübrigen. Es geht um die Eheschließung seiner Tochter Sandrina.

Vespina ist betrübt, weil Nencio geht, ohne ihr Lebewohl zu sagen. Und Nanni vermisst Sandrina, das Mädchen welches er liebt. Doch da kommt sie schon und will vom Vater haarklein wissen, was besprochen wurde. Doch dieser ist der Ansicht, dass es der Tochter nicht ansteht, so neugierig zu sein. Vespina und Nanni meinen dasselbe. Jetzt möge jeder seiner Beschäftigung nachgehen, um zur passenden Zeit nach Belieben weiter zu plaudern. Sie verschwinden.

Filippo kommt zur Sache und erklärt seiner Tochter Sandrina, dass er endlich einen Gatten für sie gefunden habe. Soeben haben sie sich auf den Vertrag geeinigt. Mit Nanni? Ach, Nanni kann sich den Mund fusselig reden; er wird leer ausgehen. Keine Widerrede! „Nanni ist arm!“ „Und ist sie etwa reich?“ „Bald wird sie es sein.“ Aber was nützt es ihr, wenn sie im Reichtum lebt und doch ihr Glück nicht findet? Und warum sollte sie es nicht finden? Ganz einfach, weil sie nur dem Nanni gut ist! Jetzt muss Filippo aber lachen. Sie soll jetzt den anderen lieben. Kann man einen Menschen lieben, während man einen anderen begehrt? Sicherlich, aber dem Vater ist es auch egal. Mädchen haben keinen eigenen Willen zu haben, müssen gehorchen und schweigen. Sie soll dem Nanni den Rücken kehren und fortlaufen, wenn er sich ihr nähert.

Wenn er kommt, um ihr den Hof zu machen, soll sie einfach „nein“ sagen. Das funktioniert so: „Liebst Du mich?“ „Nein, mein Herr!“ „Willst Du mich heiraten?“ „Nein, mein Herr!“ Er ist ihr Vater, und dies ist sein Wille! Um den Streit zu beenden, soll es dabei bleiben. Sie soll zusehen, dass sie kein Jawort gibt, sonst wird sie es bereuen.

2. Szene:

Armer Nanni! Wie wird es ihr möglich sein, ständig nein zu sagen, wenn sie doch eigentlich ja sagen möchte? Er liebt sie so sehr und ist schon so lange hinter ihr her. Und jetzt soll sie „nein“ sagen und ihn einfach so verlassen? Ihr Herz wird brechen! Und doch heißt es zu gehorchen, wenn sie auch stirbt.

Nanni kommt des Wegs. „Wohin gehst Du Sandrina?“ Sie weiß es noch nicht! Ist sie in schlechter Stimmung? Das Mädchen verneint. Es hat rote Augen, als ob sie geweint hätte. Es ist verwirrt. Die Liebste soll ihm sagen, was sie bedrückt! „Nichts!“ Warum sieht sie ihn dann so an und redet nicht mit ihm? „Darum nicht!“ Was hat er verbrochen? Sie soll sich entscheiden. Liebt sie ihn oder nicht? Soll er gehen oder soll er bleiben. Ist er ihr Liebster oder ist er es nicht?

Sandrina ist ratlos. Sie weiß nicht, was sie sagen oder tun soll. Ihr Vater, der ihn nicht mag, schimpft und bedroht sie, wenn sie von ihrer Liebe spricht. Er sagt, dass er für sie einen Gatten gefunden habe und sie sich fügen müsse. Es sei eine gute Partie und sie solle ihn verlassen. Sie kann nicht mit ihm sprechen, aber sie vergehe vor Zorn. Das möge ihm genügen!

3. Szene:

Nannis Wut entlädt sich. Der böse alte Starrkopf will ihm einen Streich spielen, doch er hat sich verrechnet. Er wird zu ihm gehen, denn er will wissen, wer dieser Mann ist, der ihm sein Mädchen ausspannen will. Und wenn er ihm nicht das ganze Geheimnis verrät, muss er Sorge um seine Knochen haben. Was bildet der alte Tölpel, welcher nur noch Haut und Knochen ist, sich überhaupt ein? Nanni ist voller Gift und Galle und der alte Galgenvogel wird ihm seine Unverschämtheit büßen.

SZENENWECHSEL

4. Szene:

Vespina trällert zur Hausarbeit ein Liedchen und macht sich über die Gepflogenheiten Amors Gedanken:

„Wie kann Amor sein Ziel treffen,
wenn ihm die Augen verbunden sind?
Wie kann er mit seinen Flügeln flattern,
wenn er ständig in meinem Herzen wohnt?
Wie kann er ein Kind sein,
das Spielereien liebt,
wenn er aus reinem Vergnügen
unsere Herzen verwundet
und dann über unsere Schmerzen lacht?
Man sagt, die Liebe sei eine Biene,
die Honig gibt, doch ins Herz sticht.
Sie hat mich gestochen, ich spüre den Schmerz,
doch für Honig hat sie noch nicht gesorgt.“

Nencio hat sich offenbar verspätet, denn es wird bereits dunkel. Hoffentlich hat der Teufel nicht seine Hand im Spiel und er will sich von ihr abwenden. Er war gestern sehr wortkarg und hat ihre Fragen kaum beantwortet. Er ist vermögend, während sie nur ihre Liebe im Angebot hat. Mangelware sind Frauen für ihn nicht, denn jedes Mädchen ist versessen darauf, ihn einzufangen. Hätte er kein Vermögen, hätte sie auch keine Rivalinnen und wäre dann möglicherweise glücklicher. Sie hört Schritte, aber der Liebste ist es nicht. Ihr Bruder Nanni kehrt heim und ist traurig und betrübt. Welche Laus ist ihm nur über die Leber gekrochen?

5. Szene:

Von Teufeln besessen will er sich in den Abgrund stürzen. Er ist am Ende, denn seine Sandrina gehört ihm nicht mehr. Wer hat sie ihm weggenommen? Ihr Freund Nencio hat ihm den Streich gespielt. Wo ist der Betrüger jetzt? Er macht Sandrina den Hof. Gemeinsam wollen sie ihn suchen, ihm sein Herz zerfleischen und den Bauch aufschlitzen.

6. Szene:

Vor dem Haus Filippos stimmt Nencio auf seiner Gitarre eine Serenade an und schimpft auf die bösen Stadtfrauen. Wer sich mit ihnen einlässt, dessen Unglück sei vorprogrammiert. Nachts bummeln sie und morgens suchen sie den Schlaf. Alles ist nur Fassade und nichts dahinter. Wenn sie ihre Wangen waschen, verflüchtigt sich die Schminke und wenn sie ihre Mieder aufknöpfen, ihr Haar entflechten und ihren Schmuck abnehmen, werdet ihr sie kaum wiedererkennen. Ganz anders dagegen sind die Landmädchen. Sie lieben das frische Wasser aus dem Bach und die klare Quelle dient ihnen als Spiegel. Auch sind sie nicht auf Verehrer aus, meiden Intrigen und Arbeit bedeutet ihnen mehr als Grillen. Doch vor den Stadtmädchen sei nochmals gewarnt: Ihr Herz ist so falsch wie ihr Gesicht.

Nanni und Vespina sind vor Filippos Haus angekommen und sich nicht ganz einig, wer sich von ihnen den Bösewicht vorknöpfen soll. Nencio räuspert sich und fragt nach der Braut. Sie sitzt in der Stube und weint, antwortet der Vater durch das geöffnete Fenster. Die arme Seele! Will sie ihn nicht heiraten? Er weiß doch wie kleine Mädchen sind, launisch wie die Katzen. Filippo möge ein gutes Wort für ihn einlegen! Könnte er doch nur selbst ein Wort mit ihr sprechen! Filippo wird sie gleich zu ihm schicken. Nanni rast vor Wut und kann sich kaum beherrschen.

Sandrina kommt ans Fenster und fragt unpassenderweise ihren Vater, was sie dem Nencio sagen soll. Warum weint sie? Hat ihr Vater ihr nicht erzählt, dass morgen die Trauung sein wird? Er verlangt nach ihr und wird keine Ruhe geben, ehe sie ihm nicht als Braut folgt. Liebt sie ihn etwa nicht? Ihr Vater wünscht, dass sie zustimmt. Wenn sie frei entscheiden könnte, würde sie dann lieber „nein“ sagen? Sie soll eine ehrliche Antwort geben. Sandrina weiß es nicht!

Sie soll einmal zuhören! Nencio will sie nicht mit Gewalt erobern. Wohin er auch geht, hundert Frauen warten auf ihn, eine Partie verlockender als die andere. Wenn sie ihn nicht heiraten will, findet er auch eine anderes Mädchen und lebt in Frieden. Er will nicht heiraten, um sich dann sofort quälen zu müssen.

Kann Sandrina ihm vertrauen? Sie soll offen sprechen, er wird sie nicht verraten und sie nicht erwähnen. Also, der Vater will sie zwingen, ihn zu heiraten; soweit könnte sie ihm noch gehorchen. Doch er will auch dass sie ihn liebt, doch da hört der Spaß auf. Sie hat es versucht und er soll ihr glauben, sie kann es nicht.

Nencio hat Zweifel, dass sie ihm die Wahrheit sagt. Wo gibt es denn so etwas, dass eine Frau ihn nicht lieben könnte? Er tut ihr unrecht, wenn er will, kann sie es auch beschwören, dass sie ihn nicht liebt. Er will sie zu einer Frau machen, hat sie das nicht verstanden? Er liebt auch Vespina, aber das ist vorbei. „Verräter“ flüstert Vespina in ihrem Versteck. Sandrina schiebt noch nach, dass er sich keine Hoffnungen zu machen braucht, dass ihre Gefühle sich ändern. Ach er weiß schon, es ist wegen Nanni, aber der ist doch bettelarm.

Den beiden Lauschern reicht es und sie stürmen aus ihrem Versteck hervor. Vespina klagt, dass Nencio sie betrügt und gibt ihm eine Ohrfeige und Nanni fühlt sich verspottet. Nencio will ihm seine Sandrina rauben! Der Vater kommt aus dem Haus gestürmt und erkundigt sich nach der Ursache des Lärms, erntet aber nur Beleidigungen. Er will das Gesetz in Anspruch nehmen, wenn die Störenfriede nicht sofort verschwinden. Sandrina entringt sich ein Stöhnen, weil sie ihren Nanni in Wut erlebt.

2. Akt:

7. Szene:

Vespina hat sich als gebrechliche, alte Frau verkleidet und sinnt mit Nanni auf Ränke. Gestern Abend hat sie kein Auge zugetan und lag bis zum Morgen wach. Ihrem Bruder gesteht sie, dass es mit dem Teufel zugehe, wenn sie die Hochzeit zwischen Nencio und Vespina nicht verhindern kann. Wenn sie Erfolg hat, sei sie eine großartige Frau, räumt Nanni ein. „Glaubt er, dass Filippo sie in ihrer Verkleidung erkennen kann?“ „Nie im Leben!“

8. Szene:

Filippo kommt mit Sandrina aus dem Haus und will mit ihr zum Richter gehen. Sandrina hat Angst und gibt zu bedenken, dass sie wie Espenlaub zittern wird, wenn der Richter ihr die ersten Fragen stellt. Sie kann zittern, zagen oder zusammenbrechen, entgegnet der Vater herzlos, sie hat mitzukommen.

Nun tritt die verkleidete Vespina vor, nachdem sie Nanni weggeschickt hat und wendet sich an Filippo. Der Herr soll ihr doch bitte sagen, ob in diesem Haus vielleicht ein Herr Nencio Sgarra wohnt. „Nein, liebe Frau!“ Das fehlte ihr gerade noch, dass sie den Weg verliert, klagt sie. Filippo will ihr den Weg zeigen; es sei nicht weit. Ach, so erschöpft wie sie ist, und in ihrem vorgerückten Alter wird sie leider noch lange nicht am Ziel sein. „Dort ist es!“ Gott vergelte es! Der Herr hat ihr neues Leben gegeben! Wenn er nur wüsste, in welcher Not sie wegen dieses feinen Burschen geraten ist. Doch es heißt, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und ein Sprichwort lautet, wenn man es nicht im Kopf habe, müsse man seine Füße in Gang setzen!

Filippo will nun wissen, was sie mit dem Herrn zu tun habe. Sie könne es nicht sagen, sie müsse schweigen und die bittere Pille schlucken. Sandrina drückt ihr Bedauern aus. Sie kann frei mit ihm sprechen, bedeutet ihr Filippo. „Er ist der Gatte ihrer Tochter!“ „Was sagt sie da?“ Nein, sie ist keine Klatschbase. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Doch sie hat die Katze nun einmal aus dem Sack gelassen und wo gehobelt wird, da fallen auch Späne.

Filippo ist neugierig geworden und bittet die Fremde, sich ihm anzuvertrauen. Ihr kommen die Tränen, wenn sie nur daran denkt. Doch man weiß nie, wohin der Hase läuft, sagt das Sprichwort und wer nichts tut, tut auch nichts Falsches. Und die Sonne bringt es doch an den Tag. „Was ist denn geschehen, gute Frau?“

Dieser Nencio kam einst zum Karneval ins Dorf, sah ihre Tochter und verliebte sich in sie. Sie hörte sich seine Schmeicheleien an, die Flamme war entfacht und der Teufel ließ sie auflodern. Heimlich haben sich die beiden getraut. Nencio verheiratet? Filippo ist überrascht! Dieser Schurke! Der Spitzbube verdient kein Mitleid!

Ach, Prozesse und Gerichte sind nichts für sie. Bestechung und Vetternwirtschaft sind der Tod des Gesetzes. Und wer kein Schmiergeld bezahlen kann, hat schlechte Karten. Die Prozedur ist ihr zu umständlich und ein Ende ist in der Regel nicht abzusehen. Sie sei alt und habe genug Sorgen!

Vespina besingt ihren beklagenswerten Zustand:

„Ich habe eine Geschwulst im Knie,
die mich zum Humpeln zwingt.
Eine Entzündung in diesem Auge
lässt es ständig tränen.
Ich habe einen Husten, der mich tötet,
das Atmen bereitet mit Schmerzen.
Und dies arme Mädchen
geht hier zugrunde.
Weh mir, was wird geschehen,
wenn ich inmitten all diesen Kummers
auch noch zu Gericht gehen soll.“

9. Szene:

Was sagt Sandrina dazu? Filippo ist außer sich. Nun, wenn Nencio bereits eine Frau hat. Kann er Sandrina nicht heiraten. Mit dem Pranger soll sich der Schuft verheiraten! Wehe dem Schuft, wehe er kommt ihm unter die Augen! Sagte er nicht, dass er reich sei? Ach, wenn jemand sich dem Bösen verschrieben hat, dann macht ihn der Reichtum noch verdorbener. Dann ist es besser, man ist arm, schlussfolgert Sandrina. Genau! Lieber arm, als traurig. Da kommt er. Filippo geht mit Sandrina ins Haus und schließt ab.

10. Szene

„He, Filippo und Sandrina. Nencio ist im Anmarsch. Nicht abschließen. Was bedeutet das?“ Sie wissen, weshalb er herkommt und sperren ihm die Tür vor der Nase zu. Er muss erkunden, was sie haben und klopft zuerst sanft und dann stärker. Filippo ruft durch die verschlossene Tür, was er wissen will. Das gefällt ihm, wie man mit ihm umspringt. Er hat alles erledigt. Er hat den Notar aufgesucht und die ganze Verwandtschaft eingeladen. Wenn die beiden wollen, kann die Hochzeit heute Abend stattfinden.

Mit dem Galgen kann er sich verheiraten. Der Schurke, der Lump soll zurückgehen zu seiner Frau. Der Elende soll seine Kinder füttern. Er soll ihm aus den Augen gehen oder Filippo wird ihn noch verprügeln. Er will Sandrina heiraten? Das soll er sich aus dem Kopf schlagen. Der Galgen wird eines Tages seine Braut sein. Der übelste aller Schurken ist ohne Liebe und Mitleid, aber voller Laster und Sünden. Er soll sich hier nicht mehr blicken lassen! Seine Kinder weinen und seine verlassene Frau weiß sich keinen Rat. Sie hat kein Brot und hat keine Ahnung, wie sie sich ernähren soll.

Nencio weiß nicht, was das alles zu bedeuten hat. Ist er wahnsinnig oder betrunken? Welche Frau? Was für Kinder? Träumt er oder denkt der alte Gauner sich das nur aus? Ist es eine List oder ein Trick, um ihn zu quälen. Doch er wird schon noch dahinter kommen und alles aufklären.

11. Szene:

Diesmal hat sich Vespina als deutscher Diener verkleidet. Eine Weinflasche hält „er“ in der linken Hand und ein Trinkglas in der rechten. Wer ist der tolpatschige Bauer? Hält der garstige Kerl es nicht für notwendig zu antworten? Wo ist sein Herr? Woher soll Nencio das wissen? Er ist hierher gekommen, um das junge Mädchen des Bauern Filippo zu heiraten. Er kann seinen Herrn nicht finden und bittet ihn, ihm zu helfen. Der Bittende befleißigt sich eines grässlichen Dialekts und Nencio kann ihn kaum verstehen. Guter Bauer, sein Herr möchte Sandrina heiraten, und zuvor etwas trinken, damit er in Gesellschaft tanzen und fröhlich sein kann. Was denn, der Herr will Sandrina heiraten und die Hochzeit soll noch heute sein? Ja, heute, ja, ja!

„Fröhlich du trinkän Wein,
Patron heute heiratän,
tanzän und singän
sein betrunkän.
Lustig, lustig Bäuerchän, du wollen speisen nicht bezahlän
Bauer fröhlich,
Meister einen ausgebän
Lustig, lustig, Bäuerchän.“

12. Szene:

Nun versteht Nencio alles und Filippos Wut wird ihm klar. Er hat eine bessere Partie gefunden. Das Klatschmaul soll ihm gestohlen sein, aber zum Narren halten lässt er sich nicht.

Vespina ist zwischendurch mal kurz verschwunden und hat sich als Ritter verkleidet und herrscht Nencio an, was er in diesem Haus zu suchen habe! Er wollte sich nur mit Filippo unterhalten. Die verkleidete Vespina fragt ihn, ob er ihn kennt. Ihn schon, aber seinem Gegenüber sei er noch nie begegnet. Der Tölpel soll zuhören, er wird ihn jetzt kennenlernen. Er sei der Marquis von Ripafratta. Er glaubt es seiner Exzellenz. Gut, wenn er es jemals wagen sollte, sich dieser Tür wieder zu nähern, so lässt er ihn zu Tode prügeln. O nein, er solle sich nicht bemühen! Dann soll er vorsichtig sein. „Keine Sorge! Er soll noch wissen, dass Filippo ihm übel mitgespielt hat.“ „Wieso?“

Gestern Abend war es, als er ihm Sandrinas Hand versprochen hat und heute morgen wollte er sie - wie abgemacht - heiraten und er jagt ihn wie einen dummen Esel davon. Nun weiß er, dass Sandrina heute den Herrn Marquis heiraten wird, aber er wird es dem Vater heimzahlen.

Vespina sagt, dass sie vermutet, er sei ein Ehrenmann und deshalb sei ihm auch das ganze Geheimnis verraten: Ripafratta ließ Filippo glauben, dass er getreu einem früheren Versprechen Sandrina heiraten würde. Doch beim Aufsetzen des Ehevertrags wird man die Namen ändern und einer meiner Diener wird mich bei der Zeremonie vertreten, und so wird das Mädchen meine Dienerin. Nencio findet die Idee köstlich. Doch wenn der Schwindel ans Licht kommt, was wird Filippo dazu sagen? Er wird in den sauren Apfel beißen. Sandrina hat ihr Wort gegeben, wenn der Vertrag unterzeichnet ist, kann er daran nichts mehr ändern. Was geschehen ist, ist geschehen.

Wird Filippo nicht in arge Verlegenheit geraten? Was gäbe er dafür, wenn er bei der Hochzeit dabei sein dürfte! Dann soll er doch kommen und als Zeuge fungieren.

O ja, bitte! Die Idee ist gut! Wo wohnt er denn? Ripafratta wird seinen Diener zu ihm schicken, wenn es soweit ist.

Vespina betritt Filippos Haus und Nencio bricht in Jubel aus. O welche Freude, wenn er sieht, wie der alte Schurke vor Wut schäumen wird und vor Zorn rast, wenn er am Ende entdeckt, dass seine Marquise ein Küchenmädchen ist. Vor Wut wird er sich schwarz ärgern und schon jetzt lacht er sich tot.

13. Szene:

Vespina trifft wieder mit Nanni zusammen und erklärt ihm, dass der Alte ins Netz gegangen und alles geregelt ist. Jetzt müssen sie verschwinden und sich noch einmal zur Zeremonie verkleiden. Nanni will wissen, wie das noch alles enden soll. Aber jetzt muss er erst noch eine Rolle lernen.

14. Szene:

Filippo hat noch eine Auseinandersetzung mit seiner Tochter. „Ein großes Glück, fürwahr“, spottet Sandrina. „Die Törin soll danach trachten, eine große Dame zu werden.“ „Um zu vergessen, wie man arbeitet und gesund bleibt?“ In Kutschen und Sänften wird sie sich in Zukunft bewegen. Obwohl sie doch gesunde Beine hat. In Samt und Seide wird sie gekleidet sein! Friert man darin etwa weniger? Nach der neuesten Mode wird sie gekleidet sein und Reifröcke tragen. Ein herrliches Vergnügen, seine Beine in diesem Bettwärmer herumzuschleudern. Filippo kann nicht aufhören, ihr ein Leben als große Dame auszumalen. Von Dienstpersonal wird sie umringt sein! Soll alle Welt wissen, was sie tut? Du wirst nicht gewöhnlich speisen, sondern fürstlich dinieren. Die beste Erfindung, um den Appetit zu verlieren. Wie stellt der Vater sich das eigentlich vor, dass sie eine große Dame wird? Sie soll sich nicht so anstellen. Wenn das Glück einmal zugeschlagen hat, muss man wendig sein und sich den neuen Gegebenheiten anpassen.

Die Tür hat gequietscht. Bestimmt ist der Marquis zurück und bringt den Notar mit. Sandrina wird sehen, was der Vater damit meint, in eine neue Haut zu schlüpfen. Sie will keine neue Haut, sie will Brot und Zwiebeln essen und ihren Nanni!

Pomp ist eine schwere Last für eine Seele, die Prunk, Ruhm und Reichtum verachtet. Sie will nichts weiter, als den Frieden ihres Herzens.

15. Szene:

Es sind Vespina und Nanni, die das Haus betreten und und sich als Notar und Diener verkleidet haben. Nanni macht eine sehr tiefe Verbeugung in Richtung Sandrina „Zu Euren Diensten, Allergnädigste!“ „Zu wem spricht er?“ „Zu Dir, siehst Du das nicht“, entgegnet Filippo harsch. Nanni holt aus, dass sein Herr ihn mit dem Notar vorgeschickt habe, um den Heiratsvertrag aufzusetzen. Er hat ihn gebeten, einen Zeugen mitzubringen.

„Großartig, aber muss der Herr Marquis nicht der Zeremonie beiwohnen?“ Nanni erklärt, dass der Kontakt selbstverständlich unterzeichnet wird, doch zurzeit ist er mit Vorbereitungen überlastet. Er muss Anordnungen für die Garderobe seiner Braut, für die Reise und für die Hofkutsche treffen und Weiteres mehr. Filippo beglückwünscht seine Tochter zu ihrem Glück. Der Herr Notar könnte jetzt mit dem Schreiben beginnen.

FINALE

„Im Jahre Siebzehnhundert,
vor den Augen der Öffentlichkeit,
treten die im folgenden genannten
Anwesenden im gegenseitigen Einvernehmen
bereitwillig und einmütig
in den Stand der Ehe ein.
Wer verkündet die Namen?“

Filippo gibt zu Protokoll, dass der Name der Tochter Sandrina di Mognone lautet. Und der Name des Herrn? Nanni kann ihn nicht nennen, aber gleich wird das Geheimnis gelüftet. „Und woraus besteht die Mitgift?“, fragt der Notar. „Sie ist ein Mädchen, das sehr arm ist und nichts besitzt. Es verehelicht sich aus reiner Liebe.“ Nencio und Nanni glauben es gern. Sie sind sich sicher. Der Notar verkündet: So wie sie es geloben, so wird der Ehebund geschlossen ohne Zwang aus eigenem Willen. Das mag genügen. Jetzt wird noch unterschrieben! Doch wo ist der Bräutigam? Er wird gleich hier sein! Doch wann kommt er? Nanni und Vespina legen ihre Verkleidung ab. „Das ist ja mein Nanni“ ruft Sandrina und Nencio erkennt jetzt auch Vespina. „Welche Gaunerei? Welch ein Trick ist das?“

„Auf diese Weise bestraft man Untreue!“ Filippo will das Spiel nicht mitmachen. Er weiß, was er zu tun hat! Der Vertrag ist unterschrieben und kann nicht rückgängig gemacht werden. Nanni erklärt Sandrina zu seiner Gattin und Vespina sieht in Nencio den ihren. Filippo bezeichnet die beiden als Gauner und Betrüger. Es stellt sich heraus, dass Nencio überhaupt nicht verheiratet ist und auch keine Kinder hat. Alles böswillige Unterstellung! Doch Filippo ist so klug, lenkt ein und passt sich den Gegebenheiten an.

Sandrina besteht darauf, den Nanni zum Gemahl zu bekommen, und damit Nencio nicht leer ausgeht, bleibt Vespina für ihn übrig. Es darf Doppelhochzeit gefeiert werden.


Letzte Änderung am 9.3.2014
Beitrag von Engelbert Hellen