Walter Kollo (1878-1940):

Wie einst im Mai

Allgemeine Angaben zur Operette

Entstehungszeit: 1913
Uraufführung: 4. Oktober 1913 in Berlin (Berliner Theater)
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Erstdruck: München: Drei Masken-Verlag, 1913
Bemerkung: Die Operette erfuhr eine gründliche Neubearbeitung durch Willi Kollo und den Kabarettisten Walter Lieck. Der Sohn fügte noch eigene Texte hinzu und solche aus Operetten, denen keine Aufführungschance mehr eingeräumt wird. 30 Jahre nach der Uraufführung, am 26. Mai 1943 ging die revidierte Fassung am Großen Schauspielhaus Berlin in Szene.

Zur Operette

Art: Operette in vier Bildern
Libretto: Rudolf Bernauer und Rudolf Schanzer
Sprache: deutsch
Ort: Berlin
Zeit: das Geschehen behandelt eine Familiengeschichte, die sich über drei Generationen erstreckt

Personen der Handlung

Fritz Jüterbog: erste Generation
Ottilie von Henkeshoven: erste Generation
Baron Ernst Cicero von Henkeshoven: erste Generation
Vera Müller: geborene von Henkeshoven (zweite Generation)
Heinrich von Jüterbog: zweite Generation
Arthur Müller: zweite Generation
Fred von Jüterbog: dritte Generation
Tilla Müller: dritte Generation
Weitere: Stanislaus von Methusalem (uralt) mit seinen Gattinnen Mechtildis, Angostura, Mizzi und Kitty

Handlung

ERSTES BILD: Ein preußischer Gutshof im Jahre 1838

Biologische Probleme hatte der Adel eigentlich nie, sich in Liebe mit einer Bürgerlichen oder mit einem Zigeunerkind zu vereinen, doch wenn es um die Legitimation der körperlichen Kommunikation ging, gibt der Blaublütige sich eigen.

Ottilie von Henkeshoven macht ihrem Fritz klar, dass ihre Liebe keine Zukunft haben kann, weil eine eheliche Verbindung absolut nicht in Betracht kommt, denn gesellschaftlich stehe sie hoch über ihm. Eine passable Ahnengalerie kann sie vorzeigen und blaues Blut rauscht durch ihre Adern. Sieht er nicht, wie von den Gemälden an den Wände ihre Verwandtschaft milde zu ihm herab lächelt?

Fritz geht zu einem Schlosser in die Lehre, Grafen und Barone kommen in seinem Stammbaum nicht vor. Zählt ehrliche Arbeit nichts? Fritz ist tief beleidigt und sieht ein, dass er bei Ottilie nicht festmachen kann. Aber wo winkt das Glück? Fritz beschließt, nach Amerika auszuwandern.

ZWEITES BILD: Ein Ballsaal im Jahre 1858

Fritz hat in der Fremde Glück und Geld gemacht und kehrt selbstbewusst in die Heimat zurück. Ottilie hat nicht wie Solveig auf den Liebsten gewartet, sondern unter dem Druck ihrer Familie den Baron Ernst Cicero von Henkeshoven heiraten müssen. Zu allem Überfluss ist er auch noch ihr Vetter und macht der Lebensgefährtin das Leben zur Hölle. Regelmäßig besucht er Damen mit unzweideutigem Ruf, trinkt ihnen zu und übt mit ihnen ungeschützten Verkehr. Wie leicht kann er sich dort etwas holen und sie infizieren! Ihr blaues Blut wird dann verseucht sein und der edle Saft verliert seinen hohen Stellenwert. Bei einem Ballbesuch spricht Ottilie sich mit Fritz gründlich aus.

DRITTTES BILD: Salon in einem Landhaus im Jahre 1888

Fritz hat sich im militärischen Sinn um das Vaterland verdient gemacht. Der König hat davon Wind bekommen, und ihn in den Adelsstand erhoben. „Kommerzienrat von Jüterbog“ klingt nicht schlecht. Seine Jugendliebe hat ihren lebenslustigen Ehemann verlassen. Es kann aber auch sein, dass er Schluss gemacht hat, weil Ottilie ihn unausgesetzt langweilte. In jedem Fall sollte der Theaterbesucher mit Ernst Cicero Nachsicht haben.

Aus der Ehe ist die Tochter Vera hervorgegangen. Gott sei Dank kam das Kind gesund zur Welt. Jetzt ist das Mädchen im heiratsfähigen Alter. Fritz ist auch nicht träge gewesen und stolzer Vater eines erwachsenen Sohnes. Heinrich schielt nach Vera, doch deren Herz gehört bereits Arthur Müller. Das alte Drama scheint sich in der zweiten Generation zu wiederholen. Arthur hat studiert und es zum Oberingenieur gebracht. Ausgerechnet in der Fabrik von Fritz befindet sich sein Wirkungskreis. Ottilie eilt zu Fritz und fleht ihn an, auf seinen Sohn einzuwirken, dass er Vera nicht länger bestürmen soll. Der abgelehnte Heiratsantrag sollte ihn doch zur Vernunft bringen. Fritz ist enttäuscht, denn er hätte gern gehabt, wenn sein eigener Traum in der zweiten Generation in Erfüllung gegangen wäre. Sie erinnern sich der gemeinsam verbrachten Jugendtage. Wie war das noch damals in Schöneberg, im Monat Mai?

VIERTES BILD: Ein Modesalon im Jahre 1913

Ottilie und Fritz sind von der Lebensbühne abgetreten, ihre Herzen haben aufgehört zu schlagen. Es tummeln sich die Enkel auf der Bühne des Theaters und der Besucher muss sich mit neuen Namen vertraut machen. Fred von Jüterbog und Tilla Müller lernen sich kennen und lieben. Hindernisse stehen nicht im Wege und beide erfüllen sich den Traum der verstorbenen Großeltern, indem sie sich eheliche Treue geloben. Niemand redet ihnen dazwischen. Eigentlich hat die Familiengeschichte, die in breiter Epik dahin plätscherte, damit ihr Ende gefunden.

Aus der Tiefe der Vergangenheit taucht plötzlich Stanislaus von Methusalem auf und macht sich mit seiner voluminösen Bassstimme lautstark bemerkbar. Er will nicht stören, sondern sich nur wichtig machen. Drei Ehefrauen, nämlich Mechtildis, Angostura und Mizzi hat er überlebt, jetzt möchte er das vierte Mal heiraten. Die Auserwählte heißt Kitty und ist berufen, das Sahnehäubchen auf die Familiengeschichte zu setzen.


Letzte Änderung am 9.10.2009
Beitrag von Engelbert Hellen