Stanisław Moniuszko (1819-1872):

Straszny Dwór

deutsch Das Gespensterschloss / englisch The Haunted Manor / französisch Le Manoir hanté

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1861-64
Uraufführung: 28. September 1865 in Warschau
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Spieldauer: ca. 140 Minuten
Verlag: Chicago: W.H. Sajewski, 1947
Krakau: PWM, 1994
Bemerkung: Das polnische „Gespensterschloss“ steht als Gegenpol zur tschechischen „Die verkaufte Braut“. Beide tragen burleske Elemente und fußen auf prächtiger Folklore. Die Gespensterszene ist jedoch ein bisschen dürftig. Aus der etwas prekären Situation befreien der muntere Schlittenzug und die Mazurka. Die köstliche deutsche Übersetzung der polnischen Reime wurde in dieser Beschreibung auszugsweise übernommen.

Zur Oper

Art: Oper in vier Akten
Libretto: Jan Chęciński nach Kazimierz Władysław Wójcicki
Sprache: polnisch
Ort: Polen
Zeit: erste Hälfte des 18. Jahrhunderts

Personen der Handlung

Miecznik: der Marschall, ein alter Edelmann (Bariton)
Hanna: seine Tochter (Sopran)
Jadwiga: seine Tochter (Mezzosopran)
Cześnikowa: die Truchsessin und Tante von Stefan und Zbigniew (Mezzosopran)
Stefan: ein Offizier (Tenor)
Zbigniew: ein Offizier (Bass)
Damasy: Anwalt und Sekretär bei Miecznik (Tenor)
Skoluba: Aufseher bei Miecznik (Bass)
Maciej: ein alter Diener, vormals Soldat (Bariton)
Weitere: Grześ, Kammerdiener bei Miecznik (Tenor)
Marta, Haushälterin (Mezzosopran)
Stara Niewiasta, eine alte Frau (Mezzosopran)

Handlung

1. Akt:

Zwei Brüder, Stefan und Zbigniew, haben den Kriegsfeldzug ihres Bataillons siegreich hinter sich gebracht. Bevor sie sich im Feldlager von ihren Waffengefährten bei süßem Honigwein verabschieden, geloben sie aus patriotischen Erwägungen ewig unverheiratet zu bleiben.

„Wollen die Zeit nicht unnütz verbringen,
Vater vermachte uns Hof und Gut,
drum in die Schneiden, stählerne Klingen,
ruhiger ströme, du wildes Blut!
ruhiger ströme, du wildes Blut!
Dass wir als Ritter uns nicht verlieben
und durch die Ehe gebunden sein,
soll uns die Liebe nicht unterkriegen,
und keiner je eine Jungfer frei'n.“

Loyal wollen sie dem Vaterland bei erneuter Kriegsgefahr ohne die Belastung eines familiären Anhangs uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Weiber und Kinder würden lamentieren und außerdem ist im Feld der Tod leichter zu ertragen, meint Stefan, und Zbigniew beschließt, dass keine Frau in ihre Hütte kommen soll. Hoch lebe der Junggesellenstand, ihn hält kein Bann - allein ist der Mann! Wo Weibsbilder walten, im Häuslichen schalten, geht’s kreuz und quer - man kennt sich selbst kaum mehr!

Die beiden verabschieden sich von den Kampfgenossen und wenn wieder einmal auf den Feind geschossen wird, wo immer es auch sei, ruft sie die gleiche Pflicht.

„Also, es ist kein Geflunker,
heut noch sehen wir die Junker,
wahr ist's was die Leute reden
aus den Augen leuchtet's jedem.
Gründlich ist das Haus gescheuert,
was nicht tauchte, ist erneuert,
eingeheizt und bunt geschmückt,
wie zur Heimkehr sich's wohl schickt.“

Daheim auf ihrem Gut angekommen, werden die Ankömmlinge von der Haushälterin Marta und dem Hausgesinde mit Brot und Salz freudig begrüßt. Die Mutter ist schon lange tot und den Vater hat man vor kurzem zu Grabe getragen.

Tief gerührt wird das verwitterte Vaterhaus nach langer Abwesenheit begrüßt. Man erinnert sich der Kinderzeit und besinnt sich auf seine bäuerliche Abstammung. Der Acker ruft und die Arbeit wird man sich friedlich teilen. Maciej werden die Schlüssel anvertraut, denn er wird das Gut verwalten. Erneut erneuern die jungen Männer ihre Absicht zur Ehelosigkeit. In diese Männerklause wird paradiesisch frohes Leben einziehen. Ohne Weiber lacht die Welt. Hoch lebe der Junggesellenstand! Eine Kalesche kommt angefahren. Die Truchsessin sitzt drin. Keine Frau in unserer Hütte - daraus wird nichts, Maciej klappt die Unterkiefer herunter. Es ist die Tante! Ein schöner Spaß, kommentiert der alte Diener die Situation.

Die Tante mustert die beiden Burschen und schaut sie wohlwollend an:

„Grüß Euch Gott, ihr herzlieben Neffen!
Wie freut es mich, euch hier zu treffen
Seid mir beide wohlgeraten
und als Heiratskandidaten
müsst ihr jedes Herz erlaben!
Wo Bräutigams rar,
aber Bräute viel,
sind zwei Brüder wie ihr ein erwünschtes Ziel!“

Doch die beiden machen dem Tantchen sogleich klar, dass sie um keinen Preis zu haben sind. Doch mit kluger List ist manches zu erreichen. Ihr Herz sei nicht verfänglich, aller Liebe unzugänglich, betonen die beiden Kandidaten. Die Truchsessin schildert die Situation vor Ort: Jungfern gibt es wie Sand am Meer. Sie denken an nichts anderes als an einen Freier. Die Mütter müssen nun schauen, dass die Blümchen vor Durst nicht vergehen, denn sieben Bewerberinnen entfallen auf einen Mann. Sobald eine männliche Nase sich zeigt, wird Sturm geblasen und das Getratsche unter den Gevattern und Tanten nimmt seinen Anfang. Sie fallen über den Kandidaten her und reißen ihn in Stücke. Um das zu verhindern, hat Gott die Tante gesendet, denn sie hat die Neffen wirklich gern. Doch diese riechen gleich Lunte, sind sich klar, dass die Tante sie packen will, und setzen auf Abwehr.

„Die Schatzrätin hat zwei Töchter, schön wie für die Maler,
und jede bringt als Mitgift noch zehntausend Taler.
Uralter Stammadel aus Jagiellos Zeiten.
Doch was die Heirat angeht, gibt’s keine Schwierigkeiten.
Das süße Agatka, ein herrliches Mädchen,
kaum zwanzig Jahre, hat goldblonde Haare.
Die herzige Kleine, sei Stefan die Deine.
Ich hab mein Wort gegeben. Du nimmst sie fürs Leben.
Die zweite, Brygitka, von rassigem Schnitte,
schwarz ist das Liebchen, im Kinne ein Grübchen.
Mein Zbigniew wirst sehen, kannst nicht widerstehen,
Wort muss ich halten, lass Liebe nur walten!“

Die Tante duldet keinen Widerspruch. Sie hat ihr Wort gegeben und wehe, wenn die Neffen anders wollen. Doch die beiden müssen die Resolute enttäuschen. Sie wollen ackern und das Feld bestellen und den übrigen Bauern bei der Arbeit helfen. Keiner wird ein Mädchen frei'n, denn frei will jeder der beiden sein.

Außerdem wollen sie beide zum Marschall, einem Freund ihres verstorbenen Vater, nach Kalinówo verreisen. Die Truchsessin ist dagegen und warnt, es könne ihre letzte Reise sein. Sie sollen lieber einen Boten schicken, um dem Fluch zu entgegen. „Sag doch liebes Tantchen, liebes, teures, was gibt es denn so Ungeheures?“

Die Truchsessin macht nun die Dörfler und das Hausgesinde konfus und verrät den Reiseplan. Die Brüder wollen das Dorf verlassen und zum Gespensterschloss fahren, um Zahlungsrückstände einzutreiben. Dort werden sie verschwinden und nicht mehr wiederkommen. Auf das Spukschloss fiel Gottes strafende Richterhand. In den Sälen finden nächtliche Umtriebe statt. Jeden graut es, denn nachts stöhnen laut die Verfluchten. Verderben lauert dort auf die beiden Brüder.

Schöne Geschichten kann die Tante erdichten, um ihren Willen durchzusetzen. Dieses Gruseln ist zum Lachen. Wahr daran ist kein einziges Wort. Der Chor variiert das Thema immerfort. Die Truchsessin erklärt, die Schulden des Marschalls bezahlen zu wollen, wenn die Neffen auf die Reise verzichten, doch diese sind nicht zu überreden. Der Opernchor gibt grünes Licht:

„Sicher sind sie vor Gefahren,
holen ihre Schuld.
Steht die Sache recht im Klaren,
steht sie auch in Gottes Huld!“

2. Akt:

Im feudalen Schloss des Miecznik haben sich Jadwiga und Hanna mit den Nachbarinnen in der großen Halle versammelt und sticken an einem Teppich. Im Hintergrund surren, von Hausmädchen und Nachbarinnen in Bewegung gesetzt, die Spinnräder, damit der Vorrat an Garn nicht ausgeht. Dazu singt der Mädchenchor:

„Aus der Nadel sprießen Veilchen,
Disteln, Mohn und Klee.
Armer Frühling wart' ein Weilchen,
liegst noch unterm Schnee. -
Hier auf unseren Teppichflieder,
eh dein Tag erscheint,
knien junge Paare nieder,
treu in Lieb' vereint -
Genug, genug! Gleich kommt der Gäste Schar,
morgen ist Neujahr!“

Jadwiga erinnert daran, dass in der Wunschnacht vor Neujahr die Schicksalsstunde kündet, wen aus der Runde das Glück als nächstes zum Altar führt. Es werden Vorbereitungen getroffen und Wachs herbeigeholt. Im Kamin wird ein Feuer angefacht und das Spielchen kann beginnen. Das Wachs wird ins Wasser gegeben und formt sich zu Umrissen und Silhouetten. An der Form glauben die jungen Mädchen erkennen zu können, welche Kleidung ihr Zukünftiger trägt, um sich auf seinen Status festzulegen. Doch wie das Orakel endet, liegt in Gottes Händen. Das ist auch gut so. Nur die arme Seele hat keine Ruhe und will schon vorher wissen, wer sie auswählen wird.

Der Hausadvokat Damasy, der auch eine der Töchter des Marschalls umwirbt, fragt Hanna unverblümt, wozu sie einen Zauberwink benötige. Von ihr genüge ein Wort, und er falle ihr zu Füßen. Hanna bringt ihm schonend bei, dass er sich keine Hoffnungen machen braucht.

„Soll die Welt ein Paar uns nennen
und erfüllen sich Ihr Glücke,
muss in Wachs ich erst erkennen
Ihren Frack und die Perücke.
Will mich Ihnen dann vermählen,
füg' mich in das harte Los,
wenn die Geister es befehlen,
fall' ich Ihnen in den Schoß.
O Gott, wie wär' mein Unglück groß!“

Der Marschall hält den Beginn der Befragung des Orakels zeitlich für verfrüht. Die Neugierde hat Jadwiga nicht zurückgehalten, schon vor zwölf mit der Prozedur zu beginnen. Die Schüssel steht auf dem Tisch und das Wachs formt einen Helm, aber ohne Federbusch. Damasy glaubt, in den Umrissen einen Frack zu erkennen und bezieht die Umrisse auf sich. Doch Jadwiga meint, dass das Bildnis mehr Ähnlichkeit mit einer Brustwehr und einem Panzer habe. Schaut her, der Hanna schickt der Himmel einen Ritter! Und für Jadwiga formt das Wachs auch einen Edelmann.

Der Marschall macht allen Spekulationen Damasys ein Ende und erklärt, wie der Mann beschaffen sein soll, den seine Töchter einmal heiraten werden:

„Wer von meinen Töchtern eine
will in Zucht und Ehren frei'n,
so sie werden soll die seine,
muss ein Mann von Tugend sein.
Schön an Leib und schön an Seele,
keine Puppe und kein Geck,
ohne Furcht und ohne Fehle
und das Herz am rechten Fleck.
Seine Heimat muss er hüten,
wie die Löwin ihre Brut,
und wo Feinde meuchlings wüten,
geb' er tapfer hin sein Blut!“

Hanna und Jadwiga herzen und küssen den Vater, weil er ganz in ihrem Sinne gesprochen hat.

Schlittengeläute ist zu vernehmen und der Marschall führt die Cześnikowa herein. Nach der herzlichen Begrüßung will sie sogleich wissen, ob Herr Stefan und Herr Zbigniew schon eingetroffen sind. Der Marschall gibt sich über diesen angekündigten Besuch überrascht, doch Herr Damasy meint, dass die beiden sich zum Teufel scheren sollen. Die Truchsessin platzt mit der Neuigkeit heraus, dass die beiden Junggesellen bleiben, der Liebe keine Rechte einräumen und sich nie verehelichen wollen. Der Marschall wundert sich und Hanna findet die Haltung recht verschroben, doch Damasy hält sie für vernünftig und nur zu loben.

Die Truchsessin schätzt männliche Eigenschaften im Turnier, beim Kampf und im Jagen. Doch die beiden liegen ihr im Magen und werden sich niemals männlich schlagen. „Sie sind ihrer Art nach eigentlich Schreiber, bigott und feige, kurz zwei Weiber!“ O Schande! Was muss der Marschall da hören? Für die Ehe seien sie völlig ungeeignet, flüstert die Truchsessin den beiden Mädchen zu.

Die Jagdgesellschaft kehrt zurück und der Jägerchor kommentiert einen Streit. Zwei Schüsse seien gefallen, aber nur einer hat den Keiler getroffen. Skoluba, der Jagdaufseher, behauptet, dass es seine Kugel gewesen sei. Der Marschall versucht zu schlichten. Ein Keiler ist erlegt worden und warum muss man sich deshalb streiten? Der Jagdaufseher erklärt, dass er auf der Lichtung ein Wildschwein gesichtet und abgedrückt habe. Gleichzeitig sei auf dem Weg ein Wagen erschienen, aus dem auch eine Kugel abgefeuert wurde. Aber den Sieg habe er davon getragen.

„Frag erst mal die fremden Leute,
nicht gewiss noch ist der Lohn!
Junge Herrn sind da im Wagen,
fein die Kleider, die sie tragen,
seht da sind sie, sind sie schon!“

Zbigniew und Stefan erscheinen in der Halle und werden herzlich begrüßt. Raum für die Gäste, wert und erlesen! Die beiden Kavaliere gewahren unter den Anwesenden auch die Truchsessin und machen eine Verbeugung aus der Ferne. Im Hintergrund setzt sich der Streit über das Wildschwein fort und Skoluba versucht, Damasy als Schiedsrichter für sich einzuspannen.

Die Mädchen und die jungen Herren erinnern sich ihrer gemeinsamen Kindheit und bedauern, dass himmlische Freiheit und kindliche Spiele, die sie einst zum frohen Reigen vereinte, vorbei sind. Leichtsinnig heiter, jung ohne Ziele schwanden ihre Tage dahin. Die Truchsessin beobachtet die vier argwöhnisch. Sie ist besorgt, ihre Ziele nicht durchzusetzen zu können. Skoluba hat das Problem mit dem Eber noch nicht gelöst.

„Hallo, Gesell, schnell,
sagt zur Stell'
klar muss es sein, wer von den zwei'n
wollt' von dem Wagen den Eber erjagen?“

Jetzt mischt auch noch der alte Maciej sich ein und behauptet, das Schwein traf er ganz allein. Damasy versucht, sich von der Sache zu distanzieren. Der Marschall widmet sich den Neuankömmlingen und erinnert sich an deren Vater:

„Er war von kühnem Geist
und wahren Löwenmute,
in Taten dreist,
beherrscht dafür im Blute
und wo es kämpfen heißt,
er vor dem Sieg nie ruhte.
Ich weiß, der Geist
auch in den Söhnen kreist.“

Das Gedankengut wird von allen fleißig variiert. Hanna und Jadwiga haben bereits Feuer gefangen und schauen Stefan und Zbigniew dauernd an. Sie bezweifeln die Fakten, welche die Truchsessin über die beiden erzählt hat. Maciej hält den Ruf, der dem Gespensterschloss vorauseilt, für berechtigt:

„Das Schloss wohl richtig heißt.
Ich fühle es im Blute.
Hier herrscht ein böser Geist.
Es zwackt und reißt, mir ist nicht gut zumute!“

Hanna und Jadwiga vermuten, dass die Tante dreiste Lügen erzählt und ihr Schelmengeist eher boshafter Natur ist. Damasy verbrüdert sich mit Skoluba, um mit ihm gegen die beiden Junker, die er als Rivalen sieht, etwas auszuhecken. Der Letztere verübelt ihnen, dass sie ihm beim Zielschuss zuvorgekommen waren.

3. Akt:

Im Schlossturm wird den Gästen das Nachtlager bereitet. Maciej kritisiert, dass keine Kerzen vorhanden sind, ihn gruselt infernalisch. Die Junker bekommen eine gemeinsame Kammer, doch ihm wird ein Lager außerhalb auf dem Boden bereitet.

„Nein, nein, darauf gehe ich nicht ein! Unzertrennlich sind die Grafen, und ich muss bei ihnen schlafen“, protestiert der Alte. Skoluba setzt dagegen: „Ganz unmöglich, ausgeschlossen. Füg' er sich, er habe Order diesbezüglich!“ Er wünscht ihm „Gute Ruhe!“ Ist das vielleicht zynisch gemeint? Nun erzählt der Hausverwalter dem Alten eine schaurige Geschichte, während er ihm die Tabakdose hinhält:

„Von diesen großen Bildern zweien
kommt leider nicht viel Gutes.
Des Schlossherrn 'Urahn ist die eine
und die andere älteren Blutes.
Nachts steigen beide Damen
zuweilen aus dem Rahmen …!“

Maciej schimpft, der alte Lügenknochen erzähle ihm alberne Märchen. Die Pest soll ihn holen! Er fragt ihn, wo die Junker untergebracht sind. Doch Hanna und Jadwiga haben sich ausgedacht, dass sie selbst die Spukgestalten sein werden und haben sich hinter den Bildern versteckt. Von rechts wie von links tönt die Antwort: „Sie kommen, sie kommen!“ Maciej weicht erschrocken zurück. Klar und deutlich hat er es vernommen. Er will davonlaufen und stößt mit Zbigniew zusammen, der ihn fragt, was geschehen ist. Maciej ist ganz aufgelöst:

„Sie kommen, sie kommen!“
ihre Augen wie zwei Zangen,
hielten mich im Blick gefangen,
wie den Beutefraß die Schlangen.“

Zbigniew macht ihm den Vorschlag, dass er mit seinem Bruder den Schlafplatz tauschen soll, wenn er solche Angst hat. Die Stille der Nacht und der sternklare Himmel üben auf Stefan einen mächtigen Zauber aus. Seine poetische Ader erwacht. Geheimer Wünsche ungestilltes Bangen raubt ihm den Schlaf, erfüllt ihn mit Verlangen. Die Sehnsucht des Herzens wird ihm zur süßen Labe. Ja, ja! Behext, verwunschen ist das Schloss! Wie gespenstisch ist es in den Mauern, überall die Geister lauern! Diese Unruh, dieses Zagen, Hannas Augen sind es, die ihn fragen. Aller Zauber kommt von ihr! Doch er will sich nicht gefangen geben und dem Junggesellenstand treu bleiben. Die Standuhr schlägt Mitternacht und Stefan beherrschen Gedanken an Kindheit und Jugend wie an die Menschen die von ihm gegangen sind.

Zbigniew geht es ähnlich, er fühlt sich von Jadwiga betört. Was er nie fühlte und was er nicht kannte, hält ihn wie ein Traum umfangen. In seiner Brust ist ein Feuer entbrannt und nun sieht der die Welt mit anderen Augen. Stefan mahnt:

„Lieber Bruder, langsam, bitte,
gaben wir uns nicht die Hand:
keine Frau in unserer Hütte,
hoch lebe der Junggesellenstand!“

Mit den Gemälden passiert etwas. Die Leinwände werden hochgezogen und Hanna und Jadwiga nehmen den Platz ein. Zbigniew sagt zum Bruder „und dennoch!“ während Jadwiga aus dem Bilderrahmen mit der gleichen Phrase antwortet. Das gleiche Spielchen wiederholt sich mit Stefan und Hanna.

Stefan Spinnt den Dialog weiter:

„Keine treue Seele haben
Freud und Leid mit ihr zu teilen
stumm in Einsamkeit vertragen,
bitter tragen sein Geschick,
ohne Segen dann am Ende
fallen seine müden Hände,
nennt man das denn etwa Glück?“

Wie ein Echo wiederholen Hanna, Jadwiga den Ausklang des Monologs und beantworten mit „o nein, o nein!“ die aufgeworfene Frage und beginnen mit dem Gedicht von vorn. Das Quartett variiert das Thema und vergisst dabei die Realität und die Logik des Geschehens.

Damasy spielt auch mit. Er hat sich in der Standuhr versteckt und steckt den Kopf heraus. Hanna erblickt ihn und stößt einen spitzen Schrei aus. Daraufhin läuft Damasy in sein Versteck zurück. Maciej ist die Situation nicht geheuer. Plötzlich kommt Damasy wieder aus der Uhr hervor und Maciej hält ihn für den Uhrengeist. Zbigniew und Stefan glauben, dass der Advokat sie verschaukeln will und wollen ihm ans Leder. Was kann er tun, um die beiden Herren zu versöhnen? Er erklärt, dass er den Spukgeschichten, die sich um das Schloss ranken, auf den Grund gehen wollte, um die Glaubwürdigkeit der Legende zu erklären.

„Wo Höll' und Himmel fluchen, ist kein Heil zu suchen“ stellt Maciej fest. Die beiden Brüder quittieren: „Nur fort, nur fort, verrufen ist der Ort! Nur fort“! Damasy hat sein Ziel erreicht und die Rivalen in die Flucht geschlagen. Der Opernbesucher ist enttäuscht, dass seine beiden Helden sich so leicht ins Boxhorn jagen und mit einer Phrase abspeisen lassen.

4. Akt:

Hanna macht sich Gedanken über die Einstellung der beiden Freunde zum Leben im Allgemeinen und zu den Frauen im Besonderen und singt die schönste Arie der Oper:

„Fürs Leben Junggeselle bleiben,
heißt den Vorsatz übertreiben.
Wie man erzählt, die beiden
täten deshalb sich bescheiden
in ein frauenloses Glück,
dass er leicht, der Abschied wäre,
riefe sie ins Feld die Ehre,
Tränen halten stets zurück. ...“

Aber geht es den polnischen Frauen nicht genau so, dass sie Schauder empfinden, sich dem Manne zu ergeben um nach göttlichem Wille Leben weiterzugeben?

Damasy erscheint auf der Bühne und mokiert sich darüber, dass solche Ritter wenig taugen, die sich aus Angst davonmachen. Der alte Maciej packt schon ihre Sachen und der Marschall sei ganz wütend, doch er wird die Hasenritter schon zur Vernunft bringen. Sind sie erst fort, ist der Weg für ihn frei, frohlockt der Advokat.

Der Marschall knöpft sich die beiden Brüder vor, ob es ihre grandiose Idee vom ewigen Junggesellendasein sei, die sie veranlasse, sein Haus vorzeitig zu verlassen. Der Erboste urteilt, dass die Herren sich wie Feiglinge verhalten. Ist es der Geisterspuk, der sie vertreibt?

Maciej wendet ein, dass Gott diesen Ort für immer verflucht habe! Was sind das für Märchen? „Beim Klang der Becher ward's erwiesen, warum das Schloss so übel gepriesen, ja, Herr Damasy gestand es ein.“ Dem Herrn Damasy sieht es es ähnlich, Scherze zu machen, wie sie Weibern frommt. Der Marschall befiehlt, Herrn Damasy vorzuführen, doch jener hat Reißaus genommen. Der Hausherr hat nicht viel Zeit. Energisch bittet er die beiden Brüder, sich die Abreise nochmals zu überlegen. Damasy habe dumme Lügen erzählt! Der Halunke solle nur kommen, er wird seinen Teil schon abkriegen. Der Spuk sei erklärbar.

Die Brüder lassen sich überreden und verschieben die Abreise, denn ein Schlittenzug kommt näher und verspricht gute Unterhaltung. Die großen Flügeltüren der Residenz öffnen sich weit. An der Spitze der vielen Gäste in bunten Trachten stürzt ein Harlekin mit seinen Trabanten herein und erfreuen die Gäste mit amüsantem Schabernack. Nach einer faden Spukgeschichte ist nun Folklore an der Reihe. Chor und Ballett legen sich mächtig ins Zeug:

„Rings von Hof zu Hof die Reise,
über Eis und über Schnee,
und in altgewohnter Weise
eingekehrt im Schloss, juchhe!
Dass nicht Frost aufs Herze falle
wärmt es an mit Ungarnwein!
Lieber Marschall, lass uns alle
in den Keller hinein, juchhe!“

MAZURKA

„Heute tanzt, wer tanzen kann,
lasst die Beine schwingen,
Musikanten fangt an,
lasst die Geigen klingen
zur Mazurka, hei!
Tanz macht alle Herzen froh,
scheuchet Gram und Sorgen,
alter Kummer schmerzt nicht so,
goldner winkt der Morgen
und die Liebe irgendwo...“

Die Dienerschaft kommt mit gefüllten Weingläsern und Backwerk, um die Gäste zu bewirten. Einige bemerken die Verstimmung des Hausherrn und fragen nach seinen Sorgen. Nun, er vermisst einen Freund in diesem Kreise. Wenn er nach Herrn Damasy sucht, so ist dieser gewiss zu finden. Er habe sich als Harlekin verkleidet.

Das Lügenmaul wird vom Marschall gestellt und soll sich rechtfertigen. Der in Verlegenheit geratene entschuldigt sich, dass er zu viel Rotwein getrunken habe und dann habe er mit der Lügerei begonnen und dabei als Ziel gehabt, seine Rivalen zu vertreiben. Meint er etwa die Freier von Jadwiga oder gar Hanna, nach denen er seine Hände ausgestreckt hat? Stefan wird ihn mit einem Säbel totschlagen. Er nutzt die Gelegenheit, beim Marschall um Hannas Hand anzuhalten. Zbigniew schließt sich an und bittet, Jadwiga ehelichen zu dürfen. Den Chor freut es, dass zwei Hochzeiten bevorstehen.

Doch der Marschall fühlt sich nun bemüßigt, den beiden Brüdern und allen Anwesenden zu erklären, warum seine Residenz seit Jahren in dem Ruf eines Gespensterschlosses steht. Vor alter Zeit hat ein Urahn das stolze Schloss gebaut. Er hat das schönste Mädchen im Umkreis gefreit und aus der Verbindung erblühten neun Töchter - eine schöner als die andere. Die älteste war erst 16 Jahre alt, als sich der erste Freier meldete. Von allen Seiten strömte die Schar der Bewerber herbei, so dass auch die nächsten drei bald ihr Herz verloren. Auch die Jüngste ward bald vergeben. Die anderen heiratsfähigen Mädchen waren nicht begehrt und bekamen Sorgenfalten. Und weil die Töchter sitzen geblieben, hat man das Schloss den Gespenstern verschrieben.

Die Junker als feige zu beschimpfen, so rügt der Marschall die Truchsessin, sei nicht fair. Wer die Geister sind, das wissen wir inzwischen, bemerken Stefan und Zbigniew zur Tante. Der Marschall besinnt sich auf die Heiratsanträge der beiden: „Schau Jadwiga, hier dein Mann“ und zeigt auf Zbigniew. Und dieser sei sein zweiter Sohn: Der Marschall winkt Stefan heran. Die Mädchen spotten, dass ihr Junggesellenstand sich in der Mädchenhütte befindet und sie ihm zum Abschied die Hand reichern sollen.


Letzte Änderung am 19.1.2013
Beitrag von Engelbert Hellen