Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791):

Die Entführung aus dem Serail

englisch The Abduction from the Seraglio / französisch L'Enlèvement au sérail

Allgemeine Angaben zum Singspiel

Entstehungszeit: 1781-82
Uraufführung: 16. Juli 1782 im Burgtheater in Wien
Besetzung: Solisten, Chor (SATB) und Orchester
Spieldauer: ca. 125 Minuten
Opus: KV 384
KV2 384
KV3 384
KV6 384

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Die Entführung aus dem Serail (Alpha, DDD, 2015)
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)

»Steril wie manche Studioaufnahme ist hier nichts, man darf gebannt hören, wie sich das gesamte Ensemble über den Abend hinweg steigert, immer tiefer ins Stück hineinkommt, um zum Ende hin enormen dramatischen Sog zu entfalten.« (Fono Forum, Oktober 2016)

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Die Entführung aus dem Serail (Opus Arte, 2015)
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)

»Robin Ticciati hat mit dem Originalklangensemble das Konzept einer so feinnervigen musikalischen Rhetorik in die Tat umgesetzt, dass man jeden Takt der komplett ungestrichenen Partitur und damit jeden Moment des objektiv sehr langen Abends ganz neu zu genießen versteht.«
»Wir wollen also hier einmal – der herrlich harmonierenden jungen Sängerbesetzung zum Trotz – das famose Orchestra of the Age of Enlightenment an die erste Stelle der Mozarthelden setzen, die diesem Abend das Prädikat eines kleinen Mozart-Wunders verleihen.« (Concerti)

Zum Singspiel

Art: Komisches Singspiel in 3 Akten
Libretto: Christoph Friedrich Bretzner (1748-1807), frei bearbeitet von Gottlieb Stephanie d.J.
Sprache: deutsch
Ort: Landgut des Bassa in der Türkei
Zeit: Mitte des 16. Jahrhunderts

Personen der Handlung

Selim: Bassa (Sprechrolle)
Belmonte: Konstanzes Verlobter (Tenor)
Konstanze: eine junge Spanierin von Stand (Sopran)
Blonde: Konstanzes Zofe (Sopran)
Pedrillo: Diener des Belmonte und Aufseher über die Gärten des Bassa (Tenor)
Osmin: Aufseher über das Landhaus des Bassa (Bass)
Weitere: Chor der Türken

Vorbemerkung

Konstanze, eine junge Spanierin von Stand, ihre englische Zofe Blonde und deren Freund, der Diener Pedrillo, sind von Seeräubern überfallen und auf einen Sklavenmarkt gebracht worden. Dort hatten sie Glück im Unglück: Bassa Selim, ein gebürtiger Spanier vornehmer Abkunft, einst Christ und jetzt Mohammedaner, kaufte sie alle und sorgte dafür, daß sie in seinem am Meer gelegenen Palast unter halbwegs erträglichen Bedingungen leben konnten.
Belmonte, Konstanzes Verlobter, hat nach Monaten qualvoller Ungewißheit einen Brief seines Dietsers Pedrillo erhalten und kennt nun endlich Schicksal und Aufenthaltsort der Vermißten. Er rüstet ein Schiff und segelt hinüber zu der von Pedrillo bezeichneten Küste, entschlossen, die Entführten ein weitered Mal zu entführen.

Handlung

1. Akt:

Platz vor dem Palast des Bassa Selim. Beklommen und hoffnungsvoll nähert Belmonte sich den Mauern, hinter denen er seine Geliebte weiß. Er trifft auf Osmin, den Palastaufseher, der über die Freuden der Liebe und deren Gefährdung durch Nebenbuhler philosophiert. Belmontes Wißbegier und zumal die Frage nach Pedrillo steigern seine mürrische Abwehr zu einer Feindseligkeit, vor der Belmonte vorerst drei Rückzug antreten muß. Pedrillo hat sich zwar das Wohlwollen des Bassa erworben, dem notorisch mißtrauischen Aufseher Osmin aber ist er ein Dorn im Auge. Und so macht er vor Pedrillo aus seinem Herzen auch keine Mördergrube: Er sähe ihn lieber heute als morgen tot, und er hat sich bereits die blutigsten Hinrichtungsmethoden ausgedacht.
Herr und Diener treffen aufeinander. So kurz vor dem Ziel, erfährt Belmonte aus dem Munde Pedrillos Beunruhigendes: Bassa Selim hat Konstanze vor allen anderen Frauen des Serails zu seiner Favoritin erkoren. Pedrillos Beteuerungen, sie hätte ihrem Verlobten dennoch die Treue bewahrt, sind wenig geeignet, Belmonte zu beschwichtigen. Als sich die Gelegenheit einstellt, Konstanze wiederzusehen, kann Belmonte seine Sehnsucht, aber auch seine Furcht kaum noch meistern. Aus einem Versteck beobachtet er, wie Bassa Selim undd Konstanze von einer Lustfahrt auf dem Meer zurückkehren, und vom Chor der Janitscharen begrüßt werden.
Konstanze ist bedrückt. Selims liebevolle Aufmerksamkeiten haben sie nicht aufheitern können. Vergeblich wirbt er um ihr Herz. Sie aber gesteht ihm, daß sie ihre Liebe unverbrüchlich einem anderen geschenkt hat. Doch so viel Standhaftigkeit kann die Bezauberung des staunenden Selim nur erhöhen. Er will jedoch ihre Liebe nicht mit Gewalt erzwingen, sondern freiwillig zu verdanken haben, und so gönnt er ihr noch einen Tag Aufschub.
Trotz des unpassenden Augenblicks hat Pedrillo Glück mit seinem Versuch, Belmonte als "Baumeister" vorzustellen. Der arglose Bassa nimmt ihn sofort in seine Dienste. Mit hartnäckigem Argwohn will Osmin den frischgebackenen "Baumeister" und Pedrillo am Betreten des Palastes hindern, wird aber schließlich von den beiden übertölpelt.

2. Akt:

Garten am Palast des Bassa Selim. Der liebeslüsterne Osmin, dem der Bassa dir Blonde zum Geschenk gemacht hatte, holt sich von ihr einen Korb nach dem anderen. Sie rückt ihrem verdrossenen Aufpasser den Kopf zurecht. Mit Drohungen will Osmin ihr das europäische Selbstbewußtsein und den Umgang mit Pedrillo austreiben. Für fremde Länder, die den weiblichen Ungehorsam dulden, hat der Muselmane kein Verständnis. Als sie ihm die Augen auskratzen will, verläßt er fluchtartig den Ort.
Konstanze kommt in den Garten und klagt ihr Leid. Die Zofe spricht ihrer Herrin Mut zu. Bassa Selim aber drängt auf eine Entscheidung. Plötzlich ist Konstanze von unerwarteter Tapferkeit beseelt. Zum Tode bereit, läßt sie sich auch durch die Androhung von Gewalt nicht schrecken.
Endlich findet Pedrillo Gelegenheit, sein überraschtes Blondchen in die jüngsten Neuigkeiten und in Belmontes Fluchtpläne einzuweihen. Sie jubelt: Die Rettung ist nah, und endlich weiß sie auch ein Mittel, ihrer trauernden Herrin neuen Lebensmut einzuflößen.
Pedrillo singt sich Mut an für ein Unternehmen, bei dem ihm nicht ganz geheuer ist. Die erste Schwierigkeit ist, den stets argwöhnischen Osmin außer Gefecht zu setzen. Pedrillo versucht, die Bedenken des Aufpassers, ein Schluck Zypernwein (in den er ein Schlafmittel getan hat) verstieße gegen die Gebote des Propheten Mohammed, zu zerstreuen. Dann geht in die Falle. Einmütig stimmt er mit dem sonst so verhaßten Pedrillo ein Preislied auf Bacchus und die Feauen an. Bald erliegt der Palastaufseher der doppelten Wirkung des Weines und des Schlafmittels, und Pedrillo bringt ihn ins Haus.
Nach langer Trennung sinken sich Belmunte und Konstanze in die Arme. Belmonte sinnt über die Freuden der Liebe nach, die für ihn keine Selbstverständlichkeit sind, sondern durch den Trennungsschmerz teuer erkauft wurden. Pedrillo erinnert Blondchen noch einmal an den Zeitpunkt der Flucht: Schlag zwölf Uhr Mitternacht. Bei aller Freude können die Männer aber nicht den Argwohn unterdrücken, ob die Geliebten ihnen treu geblieben sind. Die Antworten fallen bei aller Unterschiedlichkeit beschämend genug für die Zweifelnden aus. Neue Liebesgewißheit überserahlt die Angst vor dem bevorstehenden Abenteuer.

3. Akt:

Platz vor dem Palast des Bassa Selim. Auf dem Platz vor des Bassas Palast erwarten Belmonte und Pedrillo mit Unruhe den Moment der Entführung. Während Pedrillo noch einmal alles absichern geht, gibt sich Belmonte Gedanken über die Macht der Liebe hin. Endlich ist die Stunde der Entführung gekommen. Pedrillo gibt den wartenden Frauen das verabredete Zeichen: Er singt eine maurische Romanze, dir beziehungsvoll von einer Entführung erzählt. Doch der zu früh aus seinem Rausch erwachte Osmin bemerkt den Fluchrvetsuch und schlägt Alarm. Die Fliehenden werden eingefangen, und Osmin malt sich in genüßlicher Vorfreude die gräßlichen Strafen aus, die seine Erzfeinde zu erwarten haben.
Zimmer des Bassa Selim. Im Palast setzt Oamin den Bassa über den unerhörten Verrat ins Bild, den er gerade noch aufdecken konnte. Fassungslos sieht Selim sein Vertrauen mißbraucht. Die Lage der Gefangenen verschlechtert sich zur Aussichtslosigkeit, als Belmonte in falscher Hoffnung ein Lösegeld anbietet und seine Identität zu erkennen gibt. Sein Vater Lostados, der Kommandant von Oran, ist Selims Todfeind. Die Stunde einer längst fälligen Vergeltung scheint gekommen. In ihr Schicksal ergeben, empfinden Belmonte und Konstanze den gemeinsamen Tod jetzt als höchstes Glück. Bassa Selim, der Renegat, dessen Lebensglück einst durch Lostados zerstört wurde, verzichtet jedoch auf Rache; er will nicht das Unrecht seines Feindes mit einem weiteren Unrecht beantworten. Ungeachtet der Proteste des blutrünstigen Osmin gewährt er beiden Paaren freies Geleit und nimmt mit Großmut den Dank der unverhofft Begnadigten entgegen. Die reihum gehende Huldigung ist durch den ohnmächtigen Wutausbruch Osmins nicht mehr zu trüben. Belmonte und Konstanze, Pedrillo und Blonde reisen wieder in die Heimat. Von Janitscharenmusik umgeben, bleibt Bassa Selim in seinem Palast zurück.


Letzte Änderung am 26.7.2006