Hans Pfitzner (1869-1949):

Die Rose vom Liebesgarten

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1897-1900
Uraufführung: 9. November 1901 in Wuppertal
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Erstdruck: Leipzig: Max Brockhaus Musikverlag, 1901
Verlag: Stuttgart: J. Feuchtinger, 1901
Leipzig: Max Brockhaus Musikverlag, 1929
Bemerkung: Die Hinwendung Pfitzners zu Wagner ist offensichtlich. Es bleibt dem Kritiker aber überlassen, ob er in der Oper ein Äquivalent oder eine Persiflage zum Bayreuther Meister sieht. Zu ihrer Zeit hatte Pfitzners „Liebesgarten“ jedenfalls einen gewaltigen Zuspruch. Die Orchesterkunst Pfitzners kann sich neben derjenigen Wagners durchaus hören lassen. Die Befürworter Pfitzners führen an, dass beide Meister aus gleichen Quellen schöpften, aber beide zwangsläufig nichts miteinander zu tun haben müssen. Wenn man sich mit dem „Liebesgarten“ beschäftigen will, sollte man auf die historische Einspielung aus München von 1953 unter Robert Heger zurückgreifen, auch wenn diese nicht unbedingt vollständig zu sein scheint. Die vokale Besetzung mit dem hervorragenden Bernd Aldenhoff, Trude Eipperle, Max Proebst, Paul Kuen und Marcel Cordes geben der Oper Gewicht und vermitteln, dass ihre suggestive Wirkung bis heute nicht nachgelassen hat. In jüngster Zeit wurde Pfitzners Opus szenisch wieder ausgegraben. In Chemnitz ließ man einem dem Verfremdungs-Theater zugewandten Regisseur, jede Freiheit, der Märchenoper seinen burlesken Stempel aufzudrücken.

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[Details]
Die Rose vom Liebesgarten (CPO, DDD, 2009)
Hans Pfitzner (1869-1949)

klassik-heute.com 05/2017: »Spät, aber nicht zu spät wird diese schon vor acht Jahren aufgezeichnete Produktion des Chemnitzer Opernhauses auf CD veröffentlicht. Sie macht den Hörer mit einer der faszinierendsten Opern des Fin-de-siècle bekannt und wirft ein neues Licht auf ihren Komponisten Hans Pfitzner, der in jungen Jahren noch kein konservativ-nationalistischer Sektierer war, sondern in vieler Hinsicht ein Avantgardist, von den Kollegen der Neuen Wiener Schule, aber vor allem von Gustav Mahler gar nicht so weit entfernt. Mahler war es denn auch, der nach anfänglichem Zögern die bereits 1901 in Elberfeld uraufgeführte Rose vom Liebesgarten vier Jahre später an der Wiener Hofoper herausbrachte und zu einem beinahe triumphalen Erfolg führte. Was Frank Beermann – bei nicht allzu breiten Tempi - mit den Musikern der Robert-Schumann-Philharmonie an oszillierenden Klängen aus der Partitur zaubert, ist bewundernswert und hat wahrlich weltstädtisches Niveau.«
Das Opernglas 07/2017: »Hörenswert ist diese Produktion vor allem, weil das Opernhaus Chemnitz die sehr anspruchsvolle Partitur als beeindruckende musikalische Ensembleleistung auf höchstem Niveau darbietet. Pfitzners Tonsprache blickt dabei hemmungslos zurück zu Wagner, in der Instrumentation bietet er besonders bei den Blechbläsern mitunter auch starke Einfälle, die an Mahler erinnern. Da passt es perfekt, dass man mit Frank Beermann am Pult der Robert-Schumann-Philharmonie einen echten Wagner-Experten hat, der die Partitur sehr genau klanglich aufzufächern und zu analysieren vermag, eine exzellente Tontechnik tut das ihrige dazu.«
svensopernparadies.wordpress.com 06/2017: »Auch ›Die Rose aus dem Liebesgarten‹ wartet mit betörenden Melodiebögen auf, die den Zuhörer schon nach den ersten Minuten für dieses Werk einnehmen. Erin Caves ist mit seinem wunderbar ausgeglichenen Tenor als Siegnot eine Idealbesetzung. Astrid Weber (Sopran) bietet uns eine überzeugenden Minneleide und die Schwarzhilde wird von Jana Büchner interpretiert. Die Robert Schumann Philharmonie unter der Leitung von Frank Beermann unterlegt das Ganze mit einem mitreißenden Pfitznerklangteppich.«
der-neue-merker.eu 08/2017: »Rehabilitation eines spätromantischen Wunderwerks. Wer die Chromatik und Tonsprache Wagners liebt, wird hier voll auf seine Kosten kommen. Die Musik im postbayreuther Fahrwasser enthält Elemente der effektvollen Instrumentierung von Richard Strauss, des dunklen Glanzes Debussyscher impressionistischer Klangrede mit typisch keusch-rezitativischen Pfitznerschen Vokallinien. Fazit: Eine überaus lohnenswerte Begegnung. Für alle Avantgarde-Liebhaber sei noch hinzugefügt, dass die bei der Wiener Premiere anwesenden Komponisten Alban Berg, Anton von Webern und Arnold Schönberg in ihren Werken bewusst musikalische Anleihen aus dieser Pfitzner-Oper genommen haben. Nasenrümpfen ist also nicht angesagt.«
klassik.com 07/2017: »Auch wenn sich der Wunsch nach einer szenischen Umsetzung der ›Rose vom Liebesgarten‹ in klaren Grenzen hält, macht diese erste komplette Einspielung deutlich: Das muss man zumindest gehört haben! Am Ende der auch in ihren Zeitstrukturen ausladenden Oper bleibt die Empfehlung, Pfitzners ›Rose vom Liebesgarten‹ dringend zu hören - zumal in einer so überzeugenden Aufnahme. Aber noch viel wichtiger erscheint die Erkenntnis, dass auch außerhalb der großen Opernzentren erstklassike, mutige Oper stattfindet und man mit starken Ensembles den nimmermüden Carmen-Boheme-Zauberflöte-Horizont deutlich erweitert. Eine solch vielfältige Theaterlandschaft gild es zu erhalten.«

Zur Oper

Art: Romantische Oper in einem Vorspiel, zwei Akten und einem Nachspiel
Libretto: James Grun
Sprache: deutsch
Ort: zwischen Orient und Okzident
Zeit: zur Märchenzeit

Personen der Handlung

Siegnot: (Tenor)
Minneleide: (Sopran)
Schwarzhilde: (Alt)
Rotelse: (Sopran)
Der Nachtwunderer: (Bass)
Der Waffenmeister: (Bass)
Der Sangesmeister: (Bariton)
Der Moorman: (Tenor)
Die Sternenjungfrau mit Sonnenkind: (stumme Rollen)
Weitere: Edelinge, Edelfrauen und Edelkinder vom Liebesgarten, Moormänner und Waldweibchen, Riesen und Zwerge

Handlung

Prolog:

Der Frühling ist ins Land gekommen und auch in den Liebesgarten eingezogen. Man gedenkt, die Ankunft des Langersehnten zu feiern und streut Blumen auf den Weg. Der Sternenjungfrau mit dem Sonnenkind, welcher der Garten gehört, wird gehuldigt.

Ein junger Mann von vornehmer Abkunft mit der Funktion, die Anlagen und das Gartentor zu bewachen, wird geehrt und erhält als Zeichen seiner Wertschätzung von der Sternenjungfrau ein kostbares Diadem auf das edle Haupt gedrückt. Der Waffenmeister gürtet ihn mit einem nagelneuen Schwert, damit er seine Aufgabe zufriedenstellend wahrnehmen kann. Als kostbare Prämie erhält er zusätzlich zum Stirnreif noch eine nie verwelkende Rose von der Besitzerin des Geländes. Viel Aufwand für einen treuen Gartenangestellten, weil er unverzichtbar und seine Dienste wertvoll sind.

1. Akt:

Die Tätigkeit ist wenig abwechslungsreich und Siegnot langweilt sich zu Tode. Er bekommt Besuch vom Moormann, einer schlichten treue Seele. Der Torfstecher erzählt ihm von Minneleide, der Waldnymphe, die sich aber auch Sonnenkönigin nennen lässt. Sie heißt offenbar deshalb so, weil sie der intimen Liebesbeziehung zu einem Mann infolge schlechter Erfahrungen abhold gegenübersteht. Ihr zu Ehren veranstalten die Dorfbewohner Wettspiele, zu denen Siegnot auch eingeladen ist. Der Pflichtvergessene verliebt sich Knall auf Fall in die Schönheit und weil er gerade nichts anderes zur Hand hat, schenkt er ihr seinen Stirnreif, an dem die nie verwelkende Rose befestigt ist. Eine Unüberlegtheit ohnegleichen, die ihm keinen Gewinn bringen wird! Minneleide will nicht mitkommen, denn im Liebesgarten sei es ihr zu hell und grelles Licht können ihre Augen nicht vertragen, weil sie den Schatten von Buchen und Eichen gewohnt sei. Die Sternenjungfrau mit dem Sonnenkind hat mitbekommen, was hinter ihrem Rücken abläuft und ist verständlicherweise verärgert. Als Siegnot wieder zu Hause ankommt, ist das Gartentor abgesperrt.

Es wird Nacht und der Unglücksrabe irrt mit Minneleide ratlos umher. Der Wald wirkt auf die beiden unheimlich, denn übles Gesindel macht die Gegend unsicher. Der Zauberer der Nacht, poetisch Nachtwunderer genannt, der möglicherweise auch in Minneleide verliebt ist, entreißt dem Ankömmling das Mädchen und nimmt es mit. Dies geht nicht ohne Kampf ab und Siegnot, dem in dieser Situation ein Sieg Not getan hätte, bleibt verwundet und kampfunfähig auf der Strecke. Vom Moormann wird er gefunden, der ihn anquatscht „Äh, äh, du Schöner“.

2. Akt:

Irgendwann erwacht Siegnot aus seiner Bewusstlosigkeit und macht sich auf die Suche nach dem Wohnsitz des Magiers. Dieser wundert sich, dass der Besiegte sich hertraut, lässt sich aber auf einen Dialog ein. Obwohl nicht anzunehmen ist, dass es Minneleide wirtschaftlich schlecht geht, schlägt er ein unsinniges Angebot vor. Wenn er dem Mädchen die Freiheit gibt, will er im Tausch der Gefangene des Nachtwunderers sein. Merkwürdigerweise ist der Unterweltkönig einverstanden, macht aber zur Bedingung, dass Minneleide sich korrekt verhält und die Wunderrose zum Liebesgarten zurückbringt. Das Geschenk, welches ihr nicht zusteht, soll sie dort wieder abliefern. Doch die Versponnene ist sehr eigen – sie will die schöne Rose der Sternenjungfrau, der ursprünglichen Besitzerin, nicht zurückgeben.

Gut, dann muss eine andere Lösung gefunden werden. Auf seine Körperkräfte kann Siegnot sich verlassen und er bringt die Säulen, die das unterirdische Gewölbe stabilisieren, zum Einsturz. Die Last der Decke tötet den Zauberer und seine Zwerge, aber auch Siegnot selbst wird unter der tonnenschweren Last begraben. Minneleide steht unter dem geheimnisvollen Schutz der roten Rose und bleibt unversehrt. Sie sieht aber jetzt ein, dass sie die Blume zum Liebesgarten zurücktragen und der ursprünglichen Besitzerin abliefern muss.

Epilog:

Der Epilog beginnt mit einem funeralen Marsch, als die Waldnymphe am Wintertor erscheint und mit ihrer Wunderrose den Eingang erzwingt. Ein Trauerzug mit der aufgebahrten Leiche Siegnots zieht durch die Pforte, während der Opernchor Minneleide des Verrats anklagt. Die Nymphe setzt den Stirnreif auf das Haupt des Toten und legt ihm die Rose auf die Brust. Sie will Buße tun und sich dem Schwert des Winterwächters beugen. Die Sternenjungfrau hat die Wohltätigkeit als Prinzip auf ihr Banner geschrieben, akzeptiert ihre Reue und erweckt den Geliebten wieder zum Leben. Der Liebesgarten wird von einem magischen Licht erfüllt. Auch diejenigen Blumen fangen an zu sprießen, deren Jahreszeit gerade nicht an der Reihe ist. Alle sprechen vom „Blütenwunder“, freuen sich über die Ankunft einer reinen Seele und nehmen sie in ihre Gemeinschaft auf.


Letzte Änderung am 23.2.2011
Beitrag von Engelbert Hellen