Federico Ricci (1809-1877):

La prigione di Edimburgo

deutsch Die Gefangene von Edinburgh

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1838
Uraufführung: 13. März 1838 in Triest (Teatro Grande)
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Erstdruck: Mailand: Ricordi, 1838 ?
Verlag: Paris: Bernard Latte, 1843
Mailand: Ricordi, 1929 ?
Bemerkung: Zu Lebzeiten des Komponisten hatte die Oper einen phänomenalen Erfolg. Die Chronik meldet in der Zeit ab 1838 an etwa 60 Erstaufführungen an diversen Opernhäusern, die mit dem Jahre 1860 abrupt abbrechen, bis man sich in heutiger Zeit wieder erinnert.

Zur Oper

Art: Melodramma semiserio in drei Akten
Libretto: Gaetano Rossi nach Walter Scotts „The Heart of Midlothian“
Sprache: italienisch
Ort: Edinburgh
Zeit: 18. Jahrhundert

Personen der Handlung

Duca d'Argyle: der Herzog von Argyle (Bass)
Giorgio: sein Sohn (Tenor)
Ida: in Heiratsabsicht mit Giorgio (Sopran)
Fanny: ihre Schwester (Sopran)
Giovanna: von Giorgio verführt (Sopran)
Tom: ein Schmuggler (Bass)
Patrizio: Anführer einer Polizeistreife (Tenor)
Weitere: Soldaten, Bauern, Edle und Schmuggler

Handlung

1. Akt:

Ida wurde von Ihrer Schwester Fanny zum Erntefest eingeladen, wohnt aber während der Urlaubstage nicht bei ihr, sondern in der Nähe bei Freunden. Sie hat einen Säugling vorzuweisen, den sie einstweilen noch vor der Dorfgemeinschaft verstecken möchte, da sich Giorgio noch nicht endgültig zur Hochzeit bekannt hat und momentan durch Abwesenheit glänzt. Während der Mittagszeit lässt sie das Baby kurzfristig in der Gartenlaube ihrer Gastgeber zurück, um ihrem kranken Vater einen kleinen Besuch abzustatten.

Giovanna, zwielichtig und ein wenig verschlagen, steht bei den Dorfbewohnern im Verdacht auch noch wahnsinnig zu sein. Man glaubt, das Mädchen habe wegen einer unglücklichen Liebesgeschichte den Verstand verloren. In ihrem Wahn bildet sie sich ein, ihr Neugeborenes verloren zu haben und die emotionalen Schwierigkeiten würden sich geben, sobald ihr Geliebter zu ihr zurückkehrt.

Giorgio, ein Schmuggler, fand auf der Flucht vor dem Gesetz damals im Haus ihrer Mutter Zuflucht und suchte Liebe bei der Tochter. Als diese schwanger wurde, machte er sich aus dem Staub, denn es schien ihm angenehmer zu sein, zur See zu fahren.

Zufällig kommt Giovanna am Gartenpavillon vorbei und hört ein kleines Kind weinen. Mutterliebe steigt in ihr hoch und der Gedanke, sich des Babys zu bemächtigen ist schnell gefasst. Da die Tür verschlossen ist, dringt sie durch das Fenster ein, wickelt den Schreihals in ein Tuch und eilt mit dem Bündel davon.

SZENENWECHSEL

Warenschmuggel ist ein Delikt, wonach die Polizei der Region am häufigsten ermittelt. Tom, der Anführer einer Schmugglerbande, rudert ans Ufer, um sich mit Giorgio zu treffen. Dem Zuschauer sei verraten, dass es sich hier um den Giorgio handelt, der gleichzeitig Idas Verlobter und Giovannas Geliebter ist. Tom ist ein ungestümer Mensch, der gern damit prahlt, auf einem Gefangenenschiff zur Welt gekommen und auf Madeira aufgewachsen zu sein. (Arie: „Bello, il figlio di mia madre...“) In seinem ganzen Leben habe er stets Rum, aber noch nie einen Tropfen Wasser getrunken. Als große Neuigkeit hat er zu vermelden, dass es in Edinburgh einen Machtwechsel gegeben hat. Neuer Vertreter des Königs sei der Herzog von Argyle.

Nach kurzer Verständigung drängt es Tom zu Aufbruch. Er glaubt, dass sich Zollbeamte in der Umgebung aufhalten und steigt den Berg hinauf, um Aussschau zu halten. Giorgio hat noch eine Verabredung mit Ida, die er seit sechs Monaten nicht mehr gesehen hat. Das Paar begrüßt sich überglücklich und tauscht sich verbal aus.

Jäh wird das Treffen unterbrochen, da sich ein Trupp Soldaten nähert. Tom hat ein schlechtes Gewissen und flüchtet mit Giorgio in sein Boot, um mit ihm davon zu rudern. Der Zeitraum, sich von Ida zu verabschieden, war nur kurz.

Die Polizeistreife unter der Führung von Patrizio erscheint im Haus von Fanny, um nach Ida zu suchen. Es geht aber nicht um Schmuggelgut, sondern um Idas Baby. Der Mutter wird zur Last gelegt, ein uneheliches Baby zur Welt gebracht und getötet zu haben. Wer hat diese Intrige in die Welt gesetzt? Ida bestreitet den Vorwurf und eilt zum Pavillon, um ihr Baby vorzuweisen. Das Kind ist - wie dem Zuschauer bekannt ist - nicht mehr greifbar und die Schlinge um Idas Hals zieht sich zu. Sie wird abgeführt und ist nun „La prigione di Edimburgo“.

2. Akt:

Der Herzog von Argyle hat einen missratenen Sohn und dieser Zustand muss vor der Bevölkerung vertuscht werden, denn es würde dem Prestige des neuen Machthabers schaden. Der Opernbesucher ist erstaunt, dass Giorgio der verlorene Sohn ist. Patrizio bemüht sich, dem Vater zu verdeutlichen, dass der Luftikus sich bessern will. Der Herzog lässt verkünden, dass sein Sohn von einer langen Reise zurückgekehrt sei und ihm dabei helfen wird, die Unruhen zu beenden und Frieden in der Bevölkerung zu schaffen. Tom hält dicht und verrät nichts über Giorgios Vorleben.

SZENENBWECHSEL

Giovanna wurde von einem Schmuggler beleidigt und geschlagen. Aus Rachsucht hat sie die ganze Bande dem Gesetz ausgeliefert. In der Halle des Gerichts begegnet sie Ida, deren Strafprozess ebenfalls ansteht. Beide diskutieren miteinander und erkennen, dass sie sich um die Liebe des gleichen Mannes bemüht haben. Giovanna räumt ein, dass ihr bewusst gewesen ist, in seinem Herzen nur den zweiten Platz einzunehmen. Zynisch fügt sie hinzu, dass er ihr gewiss ihre ganze Liebe schenken wird, wenn er von Idas Verbrechen erfahren wird und den wunderbaren Sohn sieht, den sie ihm geschenkt hat. Während alle auf den Ausgang des Prozesses warten, singt Giovanna ein Wiegenlied für ihren Sohn, den sie in den Armen zu halten glaubt. Ihren Giorgio, der nun zu Würden gekommen ist, erkennt sie in der feinen Kleidung nicht. Doch das Gewissen regt sich, als Ida für die Tat, die ihr nachgesagt wird, zum Tode verurteilt wird. Sie klammert sich an die Rivalin und plant bereits im Unterbewusstsein, ihr zu helfen. Ida ist dem Zusammenbruch nahe, als sie wieder ins Gefängnis geführt wird und Giorgio muss sich seine Hilflosigkeit eingestehen, die es ihm nicht erlaubt, rettend einzugreifen, denn gegen das Gesetz ist er machtlos.

3. Akt:

Die Gegend, in der sich die Justizverwaltung und der Strafvollzug von Edinburgh befindet, nennt sich „Herz von Midlothian“. Die Gefangenen haben in Erfahrung gebracht, dass der neue Direktor sehr streng sein soll. Doch als sie gewahr werden, dass Tom diese Position zugefallen ist, haben sie ihn schnell überredet, mit ihm im Gefängnishof zu würfeln und Karten zu spielen und lustig zu sein.

Giovanna hat man festgenommen, weil sie im Gefängnis die Vorräte geplündert haben soll. Doch sie rechtfertigt sich damit, dass sie diese für ihren kleinen Sohn genommen habe. Sie hofft, dass Giorgio bald wiederkommen wird und sie sich um die Hochzeitsvorbereitungen kümmern muss. Giorgio kommt tatsächlich, aber nur um Ida ein letztes Mal zu sehen. Geplant war, die Lebensgefährtin mit Hilfe seiner Schmuggler zu entführen, doch diese haben - soweit sie nicht verhaftet und eingebuchtet wurden - bereits die Anker gelichtet. Giovanna erkennt ihn nicht einmal wieder und erzählt ihm in aller Unschuld von ihrem Sohn. Giorgio entnimmt der Enthüllung, dass es sich nur um Idas Sohn handeln kann. Es gelingt ihm nur allmählich, seine Zuhörerin in seiner feinen Kleidung von seiner Identität zu überzeugen.

Idas Hinrichtung steht an und viel Volk hat sich vor dem Gefängnis versammelt. Giovanna weiß, das Eile Not tut, um Ida zu retten. Sie zieht Giorgio mit sich fort, um ihm ihren Sohn vorzuführen, den sie in dem Glockenturm versteckt hält, der sich in unmittelbarer Nähe des Gefängnisses befindet. Die Insassen haben ihr lustiges Gefängnis angezündet und der Flächenbrand hat auch schon den Glockenturm erfasst, in dem die Kidnapperin soeben verschwunden ist.

Oben aus der Turmspitze winkt Giovanna. Sie hat den Glockenstrang um die Wiege geschlungen und senkt die schreiende Last behutsam herab. Als Ida die Wiege mit dem Baby unten mit Erleichterung in Empfang nimmt ruft Giovanna „Ich habe ihn Dir genommen - ich gebe ihn Dir zurück!“ Das Publikum schluchzt gerührt. Fanny identifiziert das Baby, aber für die Opferbereite gibt es kein zurück, denn die Flammen versperren den Weg. Strafe muss schließlich sein und für den weiteren Ablauf des Geschehens ist ist die Retterin auch überflüssig geworden.


Letzte Änderung am 29.6.2013
Beitrag von Engelbert Hellen