Bedřich Smetana (1824-1884):

Braniboři v Čechách

deutsch Die Brandenburger in Böhmen / englisch The Brandenburgers in Bohemia / französisch Les Brandebourgeois en Bohême

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1862-63
Uraufführung: 23. April 1863 in Prag
Besetzung: Solisten, Chor und Orchester
Spieldauer: ca. 150 Minuten
Opus: T 90
B 124
JB 1:87

Zur Oper

Art: Oper in drei Akten
Libretto: Karel Sabina
Sprache: tschechisch
Ort: Böhmen
Zeit: 13. Jahrhundert

Personen der Handlung

Wolfram Olbramovič: Bürgermeister von Prag, Vater dreier Töchter (Bass)
Oldřich Rokycanský: ein kampflustiger Ritter, Patriot (Bariton)
Junoš: Prager Bürger, verliebt in Ludiše, Bote schlimmer Nachricht (Tenor)
Jan Tausendmark: Verräter und Intrigant, Entführer Ludišes (Bariton)
Jíra: böhmischer Freiheitskämpfer, zuvor Bettlerkönig (Tenor)
Ludiše: Tochter des Bürgermeisters, schön und stolz (Sopran)
Vlčenka: Ludišes Schwester, Entführungsopfer (Sopran)
Děčana: Ludišes Schwester, Entführungsopfer (Alt)
Varnemann: korrupter Anführer der Brandenburger (Tenor)
Weitere: ein Greis, der wehklagt und weiterhilft (Bass) sowie weitere

Handlung

1. Akt:

ERSTES BILD

ERSTER AUFTRITT

Der Ritter Oldřich verspürt einen gewaltigen Hass auf die Fremden, die gekommen sind, um das Land zu plündern und die böhmische Sprache zu schmähen. Hinausjagen sollte man die Brandenburger! Der Bürgermeister findet den Zustand so schrecklich nicht und schilt den Ritter einen Schwarzseher.

Wolfram soll doch nicht so tun, als ob er nicht wisse, was in der Stadt geschieht. Kinder werden den Müttern entrissen und Jungfrauen entführt. Chaos ist über Böhmen hereingebrochen, und das Volk stirbt vor Hunger. Oldřich weiß, dass das Volk nach ihm rufen wird, wenn der Erste unter Prags Bürgern versagt. Der Sturm naht; es donnert bereits.

Was macht eigentlich Wenzel, der Přemyslide? Der junge König lebt bei seiner Mutter, und zusammen mit einem Häuflein Bürger beschützt ihn Gregor von Dražike. Der Ritter zweifelt, dass es dem Geier auf der Burg gelingen wird, das Löwenjunge groß werden zu lassen. Zuviel Gesindel treibt sich auf Hradschin herum. Unter dem Schutz der Mutter und der Böhmen wird ihm nichts geschehen. Wer würde es wagen, dem Kind ein Leid zuzufügen? Zu viele Abtrünnige gibt es unter den Böhmen, Oldřich hat es wahrgenommen. Es kann so nicht weitergehen; das Elend ist groß. Geschunden wird die Heimat von den Brandenburgern. Wie die Wölfe läuft die Söldnerschar herum, plündert Kirchen, beraubt Klöster, mordet Greise und Frauen. Die Felder können nicht bewirtschaftet werden, weil sie von unschuldigem Blut durchtränkt sind und dort nichts mehr wächst. Das schöne Land der Böhmen verkommt zur Einöde. Die ruhmesvolle Muttersprache – Otto von Brandenburg will sie nicht hören. Prag ist kaum noch wiederzuerkennen. Platte Sprüche helfen nicht weiter, nur die Waffen bringen die Freiheit! So ist es, der Chor der Ritter bestätigt es! Wolfram mahnt, keinen Wirbelwind zu säen und keine Wolken herbeizurufen. Er ist ein Mann das Friedens, und Böhmen soll man Ruhe gönnen, weil es schon genug geblutet hat.

ZWEITER AUFTRITT

Ein Bote kommt eilig geritten und bringt die Unglücksbotschaft. Der Brandenburger sei über Prag hergefallen und habe die Häuser ausgeraubt. Menschenmengen strömten wie Meeresfluten durch die Gassen. Königin Kunigunde und ihr kleiner Sohn wurden entführt und auf eine Felsenburg gebracht. Zu spät kamen die Freunde. Das Schlimmste - unter den Plünderern befanden sich auch Böhmen. Die Sippe der Rost und der Tausendmark waren beim Plündern dabei. Jakob von Welflowitz und Martin von Eger standen an der Spitze. O Schande!

Der Chor der Ritter hört es mit Grausen. Wer wollte jetzt noch zögern? Zur Rache und dem Vaterland zum Heil erwacht der böhmische Löwe. Jetzt wird mutig vorwärts gestürmt, für den König und für die Rechte der Heimat. Der Bürgermeister kann nicht länger widerstehen, und man erwägt den Aufbruch, damit das ruhmvolle Prag nicht untergeht.

DRITTER UND VIERTER AUFTRITT

Der Bote aus Prag war Junoš. Ludiše ist betrübt, weil er keine Zeit für sie hat. Sie hängt ihren Gedanken und Gefühlen nach, und ihr ist bange. Wenn es nach ihr ginge und sie die Macht dazu hätte, würde die Welt friedlich sein. Waffen würden überflüssig, die Liebe könnte erblühen und die Minne friedlich walten. Gutes bringt dem Vaterland nur Gottes Segen.

Des Bürgermeisters Töchterlein erinnert sich nur ungern, dass der Vater sie einem anderen namens Tausendmark versprochen hat, gehört ihr Herz doch einzig dem geliebten Junoš. Tausendmark steht plötzlich hinter ihr und meint, dass sein Platz da sei, wo sie sich aufhalte. Es kümmert ihn nicht, wenn der alberne Pöbel sich streitet, aber er ist betrübt, weil sie ihr Antlitz von ihm abwendet. Die schöne Taube ist gar zu stolz! Das Wort des Vaters hat er zwar, aber ihr Herz bekommt er nicht, vorher fließt die Moldau rückwärts zum Böhmerwald. Eher müsste man sie ins Grab tragen, bevor sie ihm die Hand reichen würde.

Woher kommt soviel Gehässigkeit? Die Umworbene antwortet, er sei der Freund der Brandenburger und zerstöre die Heimat. Liebe soll er dort suchen, wo er sie findet. Nun gut, wenn der Liebe Göttin ihm hier nicht zulächelt, geht er in die weite Welt. Der Lügner soll endlich abhauen.

FÜNFTER UND SECHSTER AUFTRITT

Ludiše und ihre beiden Schwestern Vlčenka und Děčana sehen, wie sich eine Soldatenschar aus dem Wäldchen feindlich nähert. Sie haben Angst und erheben ihre Stimme schutzflehend zum Himmel. Der Anführer ist Tausendmark, der seine Meute anweist, zu nehmen, was sie finden. Nur die Mädchen gehören ihm. Des Bürgermeisters Anwesen wird geplündert.

ZWEITES BILD

SIEBTER UND ACHTER AUFTRITT

Man befindet sich in Prag. Der Pöbelchor meldet sich lautstark zu Wort. Zur Nachtzeit sind sie erschienen, um sich zu holen, wovon man ihnen freiwillig nie gegeben hat. Ein armes Volk sind sie jetzt nicht mehr, denn ihre Stunde ist nun gekommen. Herr und Knecht sind jetzt gleich. Jíra, ihr Anführer gibt ihnen recht. Brandenburg hat die Kirchen und Paläste hoher Herrn ausgeraubt und sie, die betrogen wurden, klopfen jetzt bei den Bürgern an. Keine Bettler gibt es mehr in Prag! Jíra lässt sich zum Bettlerkönig krönen.

NEUNTER UND ZEHNTER AUFTRITT

Die drei verängstigten Frauen wenden sich an das Volk und den Bettlerkönig, sie vor Schande zu bewahren. Zwar werden sie verspottet, aber dem Bettlerkönig ist seine neue Macht zu Kopf gestiegen, und er will sich mit Tausendmark anlegen.

Es kommt zwischen beiden zum Ringkampf, den Tausendmark verliert. Jíra nimmt das Schwert des Gegners, kann aber nicht verhindern, dass die Frauen unter Wehklagen von den Brandenburgern weggeführt werden. Der Pöbel verbittet sich, als solcher beschimpft zu werden, hält auf Ehre und erklärt, das Volk zu sein.

ELFTER AUFTRITT

Der Bürgermeister konnte mit Hilfe Oldřichs und Junoš' die Ruhe wieder herstellen, aber er beklagt den Verlust seiner Töchter. Der Intrigant Tausendmark behauptet, dass Jíra und seine Gefolgsleute die Frauen weggeschleppt hätten. Das Volk hält zu Jíra und bestätigt seine Unschuld. Die Mädchen bleiben jedoch verschwunden.

2. Akt:

ERSTES BILD

ERSTER AUFTRITT

Vom Chor unterstützt, klagt ein Greis über das schlimme Schicksal der böhmischen Landbevölkerung. Das schöne Böhmerland ist Grausamkeiten ausgesetzt, überall sind Brandenburger, die das Volk knechten und berauben. Am besten ist, man nimmt seinen Lebensmittelvorrat und flieht in die Wälder.

ZWEITER UND DRITTER AUFTRITT

Tausendmark hat die Aufsicht über die Damen nicht behalten dürfen. Warnemann, der brandenburgische Hauptmann, hat die Mädchen unter seine Fittiche genommen. Er will aber nicht Liebe, sondern Lösegeld.

Der Herold verkündet eine Proklamation des Fürsten Otto von Brandenburg, dass alle Ausländer ohne festen Wohnsitz in Böhmen abziehen sollen. Das Volk ist erfreut - ein Silberstreif am Horizont. Warnemann hat nur noch drei Tage Zeit. Seine Botschaft an Olbramovič lautet: Wenn das Lösegeld für die drei Frauenzimmer nicht unverzüglich kommt, wird der Bürgermeister seine schönen Töchter nicht wiedersehen, denn in der Fremde wird er gewiss einen Käufer für die Mädchen finden, der mehr bietet.

ZWEITES BILD

VIERTER UND FÜNFTER AUFTRITT

Im Prager Gerichtssaal führt der Bürgermeister selbst den Vorsitz. Ankläger ist Tausendmark, der Warnemann als Zeugen für die Entführung der Mädchen durch Jíra benennt. Der Aufenthalt des Zeugen kann nicht ausfindig gemacht werden, so dass Tausendmark auf seine Ehre pocht und meint, dass die Glaubwürdigkeit seiner Person für eine Verurteilung vollkommen ausreichen würde, so dass man auf eine Beweisaufnahme verzichten kann. Die Verteidigungsrede des Angeklagten ist taktisch unklug, so dass er durch das Schöffengericht zum Tode verurteilt und ins Verlies gebracht wird. Der Verurteilte warnt, dass ein solches Urteil Widerhall finden würde.

Junoš hat seinen großen Auftritt, bestätigt die Unschuld Jíras und verkündet den Aufenthaltsort der Mädchen. Doch der Bürgermeister ist unbelehrbar, will Tausendmark mit der Überbringung des Lösegelds von 300 Goldstücken beauftragen und das Urteil nicht rückgängig machen. Das Volk soll erkennen, dass das Gesetz hart durchgreift.

DRITTES BILD

SECHSTER UND SIEBENTER AUFTRITT

Wenden wir uns den Töchtern zu. In einem Landhaus werden sie von den Brandenburgern gefangengehalten, aber sie dürfen sich im Garten aufhalten. Die Vögel singen herzerquickend, doch in ihren Herzen hat sich Trauer eingenistet. Wo ist er, nach dem Ludiše ruft, den sie in ihren Träumen ständig sieht. Keine Sorge, Ludiše, er ist schon unterwegs und schleicht sich gerade in den Garten. Er ist gekommen, um ihr seine Treue zu erklären und ihr Haupt zu schützen. Der Schlange gleich hat er sich herbewegt und hohes Gras verbarg seinen Schritt. Mit Verstärkung aus dem Dorf will er wiederkommen und sie aus der Gefangenschaft befreien.

ACHTER AUFTRITT

Der Hauptmann verkündet der lieblichen Jungfer, dass das Lösegeld noch nicht gekommen ist. Bis morgen gibt er noch Frist, und dann geht es auf die große Reise. Überhaupt wird für ein liebliches Antlitz andernorts viel mehr gezahlt. Schändliche Worte! Doch Ludiše quittiert mit einem markigen Spruch. Niemals wird es dem Hauptmann gelingen, der Tschechen Tochter zu bändigen. Bah, das sind doch leere Worte, nur zum Schein gesprochen. Jedes Frauenzimmer wartet doch darauf, genommen zu werden. Von ihm hat sie nichts zu befürchten, sein Paradies sind leckeres Essen und ein Haufen Geld.

Die beiden Schwestern sind nicht so standhaft im Glauben. Sie flehen um Barmherzigkeit. Der Hauptmann jedoch hat sie durchschaut. Sie finden Gefallen am Soldatenleben und wollen nur mitgenommen werden.

Warum lässt der Vater nichts von sich hören?

3. Akt:

ERSTER AUFTRITT

Tausendmark hat den Hauptmann im Feldlager ausfindig gemacht. Er komme als Abgesandter des Stadtrates und als sein Freund. Gefährlich sei es im Land für die Brandenburger geworden. Er täte gut daran, so bald wie möglich die Grenze zu passieren. Der Greis, den er bei sich hat, habe im ganzen Land verbreitet, dass er ein Mädchenräuber sei und das kostbare Gut über die Grenze schaffen will. Der Prager Pöbel beabsichtige, ihm ein Blutbad zu bereiten.

Die dreihundert Goldstücke wird Tausendmark aus eigener Schatulle bezahlen und dafür darf er die Mädchen dann behalten. Erfreut nimmt Warnemann den Beutel mit den Münzen entgegen, und der edle Spender darf die Bräute führen, wohin er will. Tausendmark hat noch ein Anliegen. Er möchte mit den Mädchen in Begleitung der Brandenburger außer Landes gehen. Er hat nämlich die Befürchtung, die Entführten könnten den wahren Hergang dem Vater erzählen.

Einhundert Goldstücke bietet Tausendmark für Geleitschutz, aber dem Hauptmann ist das Risiko zu groß. Das Lösegeld wurde bezahlt, und die Mädchen können sich auch ohne Begleitung frei bewegen. Der Abgewiesene beginnt zu feilschen. Fünfhundert Goldstücke für die Älteste, wenn er Warnemann nach Brandenburg begleiten darf und dort mit seiner Beute Asyl erhält. Der Hauptmann verweist auf Sitte und Moral, und Tausendmark bleibt nichts anderes übrig, als weitere Verhandlungen zu vertagen.

ZWEITER UND DRITTER AUFTRITT

Der Schurke gibt nicht auf und beratschlagt mit dem Greis, dass er ihm einige Männer heranschafft. Den Mädchen soll erzählt werden, dass der Vater aus Prag ihnen die Flucht ermöglicht. Keiner darf es erfahren, und in der Nacht soll es geschehen.

Die Mädchen freuen sich, dass die Freiheit naht und sie mit rosigem Kranz umwinden wird. Sie brauchen nur zu warten, bis sie abgeholt werden.

VIERTER UND FÜNFTER FAUFTRITT

Trotz seines hohen Alters versteht sich der Greis auch ein bisschen aufs Ränkespiel. Er rät den Mädchen, nicht bis Mitternacht zu warten, sondern schon vorher abzuhauen. Welches Unheil droht nun jetzt schon wieder? Vor seinen Worten brauchen sie keine Angst zu haben. Mit Junoš habe er Kontakt aufgenommen. Getrennt wird man die Flucht antreten, nicht alle gleichzeitig. Eine Jungfrau geht mit ihm und die zweite mit seinem Sohn. Auf die Älteste wartet Junoš. So wird die Wachsamkeit der Feinde in die Irre geleitet. Die ersten Mädchen sind bereits aufgebrochen und - allein zurückgelassen - greift die Angst nach Ludiše. „Schwestern, Schwestern“ ruft sie hinterher. Tausendmark hört ihre Stimme, und ein Tuch wird der armen Ludiše in den Mund geschoben, damit die Nachtruhe der Soldaten sichergestellt ist.

Der Hauptmann hat das Geschrei aber gehört und lässt alle Männer aufwecken.

SECHSTER UND SIEBENTER AUFTRITT

Junos schleicht sich mit einigen Bewaffneten heran. Der Feind ahnt nicht, dass Rache sich nähert. Aber die Jungfrau ist nicht mehr vor Ort. Dafür kommt der Greis. Die Schwestern warten auf die Säumige und schicken ihn als Kundschafter. Ein neues Unglück, die Flucht der beiden Schwestern wurde vorzeitig bemerkt. Der Elende wird die Geraubte verschleppen. Wie wird man es dem armen Vater beibringen? Es war sein liebstes Kind.

Junoš hatte eine gute Tat vollbracht und Jíra aus dem Gefängnis befreit. In Dankbarkeit ist dieser plötzlich zur Stelle und unterstützt mit Rat und Tat. Man soll die Fackeln anzünden und viel Lärm machen, damit alles aufmerksam wird. Mit dem Hauptmann wird verhandelt. Es sei überflüssig, ein Gemetzel zu veranstalten, sagt er. Morgen früh wird er ohnehin das Land mit seinen Mannen verlassen, weil Otto es so befohlen hat.

Die Mädchen wurden von Tausendmark freigekauft, berichtet er. An der Ältesten lag ihm besonders. Wenn Ludiše entführt wurde, kann nur er der Täter sein. Weit können die Flüchtigen sich noch nicht fortbewegt haben. Gemeinsam geht man auf die Suche. Tausendmark ist schnell gefunden. Jíra hat ihn am Kanthaken und führt ihn vor.

ACHTER UND NEUNTER AUFTRITT

Dem Mädchen wollte der Schandbub Gewalt antun. Es schrie um Hilfe, und er kam gerade noch zur rechten Zeit, um böses Übel abzuwenden. Büßen soll der Schurke seine Schuld, und das Schwert soll ihm in die Brust gestoßen werden. Jíra zögert, denn er fürchtet das Opernpublikum, welches mit Lynchjustiz nicht einverstanden sein könnte. Von einem ordentlichen Gericht verurteilt, soll der Henker dem Entführer das Blut tropfenweise abzapfen. Jíra selbst will auch nicht mehr König sein, sondern auf Reise gehen und tugendhaft werden.

Aber Jíra muss doch nicht die Flucht ergreifen! Unrecht ward ihm angetan, und jetzt darf er auf dem Gehöft des Bürgermeisters mietfrei wohnen.

Es lebe die Wahrheit, ein Hoch dem Recht! Die Helden werden gelobt; der Ruhm blühe der böhmischen Heimat. Die Brandenburger sind fort, und die guten alten Zeiten kehren zurück.

Beschreibung

Was machen die Brandenburger in Böhmen? Im Kampf gegen Kaiser Rudolf von Habsburg fällt im Jahre 1278 König Premsyl Ottakar II. in der Schlacht. Königin Kunigunde möchte verhindern, dass der Kaiser in Böhmen Fuß fasst und ruft den Neffen ihres toten Gemahls, Markgraf Otto V. von Brandenburg, gegen den Sieger zur Hilfe. Mit Heeresmacht trifft dieser tatsächlich in Böhmen ein, stoppt den Kaiser und setzt sich fest. Was nicht vorauszusehen war - die Brandenburger hausen wie die Vandalen. Die Königin bekommt Streit mit ihrem Anführer und wird darauf mit ihrem siebenjährigen Söhnchen Wenzel auf der Burg Bezděz gefangengenommen. Kraft Vertrag wurde Otto für fünf Jahre mit der vormundschaftlichen Regierung betraut. Es ist eine Zeit des Schreckens für das böhmische Volk. Hungersnot und Elend nehmen zu. Ansässige deutsche Adelige genießen Privilegien, machen mit den Besatzern gemeinsame Sache und sind in der Bevölkerung aus sozialen und nationalen Gründen verhasst.

Der Librettist wählte diesen historischen Stoff, um seinerzeit gegen die kulturelle Vorherrschaft der Österreicher zu opponieren. Bedřich Smetana hatte seine Position in Göteborg 1861 aufgegeben, weil er das Gefühl hatte, dass die Heimat ihn braucht.

Es gab zwar schon erste Anfänge mit Benda und Mysliveček auf dem Gebiet des Singspiels und der Oper, aber von nationalen Bestrebungen konnte nicht die Rede sein. Smetana war bereits vierzig Jahre alt und stand auf dem Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens, als er die Voraussetzungen als gegeben ansah, seine Vorstellungen umzusetzen. Ein entsprechendes Theater für die Aufführung stand zur Verfügung, und die Bevölkerung hatte einen gewissen Grad der Mündigkeit erreicht, um die Ideale der Romantik aufnehmen zu können.

Es wurde keine Historienoper nach dem Vorbild Meyerbeers. Die Historie und ihre Darsteller werden nur am Rande erwähnt und sind nicht Gegenstand der Handlung. Diese erzählt eine Geschichte von Liebe und Entführung, von Intrige, Gefahr und einer plündernden Soldateska. Patriotische Gefühle werden in den Vordergrund gerückt und Übergriffe der Obrigkeit gegeißelt.

Es ist auch keine Oper mit gesprochenen Dialogen, vielmehr hält Smetana hinreichend Melodik zur Verfügung, um die Solisten mit Bravourarien einzudecken. Große Melodienbögen werden gespannt, ohne indes den Belcanto als Vorbild zu nehmen. Die Schönheit der slawischen Sprache kommt voll zum Ausdruck.

Wenig nutzt es zu beklagen, dass die Oper kein großes Publikum gefunden hat. Sie steht nicht im Schatten der ‚Verkauften Braut’, sondern wurde von ihr an die Wand gedrückt. Als Nationaloper kann man die ‚Brandenburger’ nicht bezeichnen. Dieser Titel dürfte der Oper ‚Libuše’, der ersten legenderen tschechischen Königin, zukommen. Aber das Werk begründet eine neue Epoche tschechischer Opernmusik und hat damit einen hohen Stellenwert.


Letzte Änderung am 4.1.2015
Beitrag von Engelbert Hellen