Karol Szymanowski (1882-1937):

Król Roger

deutsch König Roger / englisch King Roger

Allgemeine Angaben zur Oper

Untertitel: Pasterz
Untertitel deutsch: Der Hirt
Untertitel englisch: Shepherd
Entstehungszeit: 1918-25
Uraufführung: 1926
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Erstdruck: Krakau: Polskskie Wydawnictwo Muzyczne, 1925
Verlag: Wien: Universal Edition, 1925
Krakau: Polskskie Wydawnictwo Muzyczne, 1962
Wien: Universal Edition, 1973
Bemerkung: Man kann davon ausgehen, dass der Komponist in der weltoffenen und freiheitlichen Gesinnung des sizilianischen Normannenkönigs mit Hinwendung zum Arabertum seine eigene Bewunderung erklärt. Die machtvolle Verschmelzung aller Religionen zu einer Einheit und die Offenheit weltanschaulicher und ethischer Bestrebungen spiegeln seine Botschaft. Bunt und vielgestaltig ist das Libretto - Mystik und Symbolik sind zu einem wirren Knäuel verschmolzen. Bis heute hat das Hauptwerk Szymanowskis an Faszination nichts verloren.
Opus: op. 46

Zur Oper

Art: Oper in 3 Akten
Libretto: Jaroslaw Iwaszkiewicz in Zusammenarbeit mit dem Komponisten
Sprache: polnisch
Ort: Sizilien und das mystische Griechenland der Antike

Personen der Handlung

Roger II.: normannischer König von Sizilien
Roxane: seine Gemahlin
Edrisi: ein arabischer Gelehrter
Pasterz: der Schäfer
Archiereios: der Erzbischof
Dyakonissa: die Diakonin

Handlung

1. Akt:

Über tausend Kerzen erleuchten am Abend die Kathedrale von Palermo. Ein feierlicher Gottesdienst soll zelebriert werden. Man befürchtet aber, dass ein Ketzer die Andacht stören könnte. Deshalb bitten der Erzbischof und die Äbtissin den König, von seiner Autorität Gebrauch zu machen und den Störenfried festzunehmen zu lassen. Königin Roxane unterstützt das Bittgesuch nicht, denn sie ist der Ansicht, dass die Lehren des fremden Hirten, der von einem unbekannten Gott predigt, positiv zu bewerten seien. Unterstützt von ihrem arabischen Berater Edrisi rät sie ihrem Gemahl, der Sache auf den Grund zu gehen und sich die Ausführungen des Erleuchteten in privater Runde noch einmal anzuhören.

Hofstaat, Priester und Volk sehen den angestammten Glauben in Gefahr und verlangen, dass der Gotteslästerer unverzüglich gesteinigt wird. Der weltoffene und kluge König ignoriert die Bosheit seiner Widersacher und lässt den Mann im Ziegenfell zu Wort kommen. Er vernimmt, dass sein spirituelles Idol ein Gott der Schönheit, der Sinnesfreude und der Befreiung sei. Der Respekt vor seiner Gemahlin siegt über gesunde Skepsis. Von seinem mysteriösen Charme nicht unberührt geblieben, entschließt sich der König, den Fremden zum Nachtmahl in seinen Palast einzuladen, um weiteren Details der neuen Lehre zu lauschen.

2. Akt:

König Roger wartet im Hof auf den geladenen Gast, doch dieser verspätet sich. Des Königs Zweifel, ob seine bisherigen religiösen Überzeugungen richtig gewesen seien, zerstreut Edrisi mit Argumenten und beschwichtigt Rogers Ängste. Aus der Ferne ertönt Roxanes flehende Stimme, weil sie sich nicht sicher ist, ob der Dialog für den Hirten günstig laufen wird.

Unter Fanfarenbegleitung erscheint nun endlich der Hirte, der Auftritt und Gewandung völlig verändert hat. Indisch kommt er jetzt daher, trägt ein mit Juwelen geschmücktes Festgewand und begrüßt alle Anwenden im Namen der unendlichen Liebe. Von vier Gefährten im Besitz von exotischen Musikinstrumenten, macht er dem König seine Aufwartung. Dieser wird von Misstrauen gepeinigt, als der Besucher eine verführerische unwirkliche Welt heraufbeschwört, die alle Zuhörer mit Faszination erfüllen. Eifersucht meldet sich im Herzen des Herrschers.

Der Besucher versucht des Königs Ängste zu analysieren und verborgene Gelüste aufzudecken. Roxane ist hinzugekommen und freut sich ebenfalls an den schönen Gesängen und fremdartigen Tänzen, mit denen die Besucher ihre Macht über die Herzen demonstrieren. Die eintretende Ekstase wird dem König zu viel und er befielt seinen Wachen, seinen Gast nebst Musikensemble einzusperren. Doch lassen diese sich den Übergriff nicht gefallen und zerbrechen mit Zaubermacht ihre Ketten. Die Befugnis, ihn richten zu dürfen, spricht der Eingeladene dem König ab. Mit der Kraft der Suggestion gelingt es dem Hirten, die Umstehenden zu überzeugen, ihm ins Gebirge zu folgen - unter den Anhängern findet sich auch Roxane. Der König sieht seine Herrlichkeit entschwinden wirft Krone und Zepter von sich und folgt der Eingabe, sich dem Zug anzuschließen.

3. Akt:

Das konfuse Libretto entführt den Normannenkönig nun ins antike Griechenland, den treuen Edrisi an seiner Seite. In der malerischen Ruine eines Theaters - von fahlem Mondlicht beleuchtet - finden sich die beiden Weltenbummler wieder. Sie entdecken, dass auf dem Altar bis vor Kurzem noch ein Ritus stattgefunden hat.

Roger ist verzweifelt - Heimat, Macht und Liebe, alles ist verloren. Edrisi rät, probeweise einmal nach Roxane zu rufen. Tatsächlich antwortet aus weiter Ferne Roxanes Stimme, die es begrüßt, dass die Botschaft des Hirten bei ihrem Gemahl auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Im gleißenden Mondlicht und verführerisch schön erscheint Roxane schließlich persönlich, obwohl für den Gemahl unerreichbar, beginnt sie zu locken. Gemeinsam werfen sie Blumengirlanden auf den Altar, auf dem plötzlich ein Feuer entflammt ist. Die gottgefällige Geste bewirkt ein Wunder.

Der Hirte erscheint und stellt sich als Dyonisos vor. Nun weiß das Opernpublikum endlich, wen es wirklich vor sich hat. An Roger ergeht die Aufforderung, sich der Erleuchtung nicht länger zu sperren und beim heiligen Tanz mitzumachen. Auf ewiger Wanderung über die Meere ins Reich der Liebe soll er dem Zug folgen. Roger ist nach Bewegungssport nicht zu Mute und er reckt lediglich die Hände zum Himmel, um nicht als unfreundlich zu gelten. Mit Anbruch der Morgendämmerung ist der gesamte Aufwand an Satyrn, Mänaden, Dryaden und sonstigem mythologischem Spektakel verschwunden. Das Feuer auf dem Altar ist erloschen und Roger darf sich freuen, Zeuge eines Mysteriums gewesen zu sein. Nun möchte er selbst nicht völlig passiv bleiben und bietet sein Herz dem Sonnenlicht zur freien Verfügung an.


Letzte Änderung am 27.8.2011
Beitrag von Engelbert Hellen