Gioacchino Rossini (1792-1868):

Sigismondo

deutsch Siegesmund / französisch Sigismond

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1814
Uraufführung: 26. Dezember 1814 in Venedig (Teatro La Fenice)
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Spieldauer: ca. 140 Minuten
Erstdruck: Paris: Launer, 183x
Verlag: Pesaro: Fondazione Rossini, 2010 (Vertrieb über Ricordi)

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[Details]
Sigismondo (BRKlassik, DDD/LA, 2018)
Gioacchino Rossini (1792-1868)

»Im Katalog ist es bereits die dritte Aufnahme der Oper ›Sigismondo‹, für uns qualitativ aber ganz sicherlich die Erste! Unbedingte Empfehlung!« (onlinemerker.com)

»Das Münchner Rundfunkorchester spielt die farbenreiche Orchesterpartie fabelhaft: Rossini hat hier viel Fantasie investiert, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu fesseln, und die Münchner Solisten spielen das mit Hingabe.« (Fono Forum, November 2019)

Zur Oper

Art: Oper in zwei Akten
Libretto: Giuseppe Foppa
Sprache: italienisch
Ort: in der alten polnischen Hauptstadt Gesna und der ländlichen Umgebung
Zeit: zu historischer Zeit

Personen der Handlung

Sigismondo: König von Polen (Mezzosopran)
Ulderico: König von Ungarn (Bass)
Aldimira: seine Tochter (Sopran)
Ladislao: Erster Minister Sigismondos (Tenor)
Anagilda: seine Schwester (Sopran)
Zenovito: polnischer Edelmann (Bass)
Radoski: Vertrauter des Ministers (Tenor)
Weitere: polnische und ungarische Soldaten und Hofleute

Handlung

1. Akt:

1. Szene:

Im Palast des Königs von Polen herrscht eine düstere Stimmung. Die Hofgesellschaft nimmt regen Anteil am Schicksal des unglücklichen Herrschers. In den besten Jahren seines Lebens martert ihn frühzeitig ein gewaltiger Verlust. Ein schreckliches Ereignis bringt seine Welt durcheinander und zerreißt sein Herz. Wer kann solche Pein auf Dauer ertragen? fragen sich Anagilda und Radoski. Der erste Minister wird aufgefordert, über des König Drangsal zu berichten, aber Ladislao ist still und schaut betreten zur Seite. Was fürchtet er?

Der Minister ist mit sich selbst beschäftigt. Schmerzhafte Gedanken steigen in ihm auf. Könnte es etwa sein, dass ein Verdacht auf ihn fällt. Man weiß nie, welche Vorstellungen sich im Hirn des Königs breit machen. Der unvergessene Gedanke an ihre Schönheit kreuzt immer noch vor seinem geistigen Auge und erregt ihn. Aber sein verwundetes Herz ist stark genug, sein Unglück zu erdulden. Die Höflinge werden ungeduldig und drängen Ladislao, sie von ihren Zweifeln zu erlösen. Doch der Gebetene kündet lediglich, dass der geliebte König vor Ärger blind war, sein Empfinden die Tortur aber nachvollziehen kann. Wie schrecklich, ein fürchterliches schwarzes Schicksal! Die Anwesenden fürchten, dass sich stürmische Wolken über ihren Köpfen ansammeln.

2. Szene:

Ladislao mahnt seine Schwester, dass sie ihren Sinn und ihr Herz gewinnbringenden Taten zuwenden möge. Anagilda habe die Chance auf den Thron zu gelangen. Seitdem sie beim König in der Gunst steht, soll sie alle Hoffnung auf ihn setzen.

Aus des Königs Gemächern sind Schreie zu hören. Gott im Himmel, was ist jetzt schon wieder passiert. Sigismondos Geist hat sich erneut auf Wanderschaft begeben, bemerkt Ladislao spöttisch. Auf Anraten Anagildas eilt er, dem Verwirrten beizustehen.

3. Szene:

Sigismondo ist von seinem Tobsuchtsanfall völlig erschöpft. Er wandert wild herum und schaut von Zeit zu Zeit zurück, als ob ihm jemand, der ihn bedrohe, nachlaufen würde. Die Höflinge schauen mit allen Anzeichen des Respekts auf das, was sich zuträgt.

Offenbar setzt sich der König mit einem Phantom auseinander, denn er führt einen Dialog, der aber unverständlich bleibt, weil der Gesprächspartner unsichtbar bleibt. „Folge mir nicht länger auf den Fersen! Hau ab! Was hast du mit mir zu schaffen! Du bist verurteilt, nicht durch mich - bei Ehre und Gewissen! Wie? Unschuldig? Du? Ich wünschte, es wäre so! Ich selbst würde dem Vertrauensbrecher seine Adern durchschneiden!“ Der König fuchtelt mit seinem Schwert herum.

Die Anwesenden versuchen, den Königs in seiner Bewegungsfreiheit zu beschränken. Gott im Himmel, Was ist los? Der König möge seine Eruptionen mäßigen. Wer wagt es, ihn zu maßregeln? Seine treuen Diener, kommt die Erwiderung

Der König kommt wieder zur Besinnung. Das Phantom ist verschwunden. Er kann es jetzt nicht mehr hören. Sigismondo verdreht die Augen, als ob er lausche. Schließlich fällt er in Radoskis Arme. Ladislao beruhigt ihn. Er soll seinen Schmerz besänftigen. Sigismondo kommt wieder zu Verstand und fragt seine Umgebung, warum er so viel leiden muss. Ein reißender Schmerz erfülle ihn. Sein geliebtes Weib habe ihn verlassen und nun sei er ohne Hoffnung. Er solle seiner noblen Seele vertrauen und sein Herz beruhigen, raten ihm die Höflinge wohlmeinend. Unmöglich, sein Herz sei dazu verdammt, zu wimmern.

Was fürchtet der König? Was presst ihn? Alle Umstehenden seien ihm ergeben. Ladislao sei sein untertäniger Diener. Auch Anagilda meint, dass alle glücklich sind, wenn sie des Königs Wünsche erfüllen dürfen.

4. Szene:

Sigismondo wendet sich an Ladislao, dass er sein furchtbares Geheimnis nicht länger vor ihm verstecken will. Aldimira verfolge ihn wie eine Furie. Ist das die Frau, die er zum Tode verurteilt hat, weil sie ihm untreu war? Richtig! Er gab ihr nicht einmal Gelegenheit, ihn zu sehen oder ihr zuzuhören. Hatte er überhaupt einen konkreten Verdacht? Sigismondo antwortet auf den Vorwurf nicht, denn seine Gedanken sind schon weiter gewandert. Er hat einen Auftrag für Ladislao:

Ulderico, sein Schwiegervater ist nach fünfzehn Jahren aus der Gefangenschaft frei gekommen. Er hat herausbekommen, dass seine Tochter nicht mehr lebt. Als König von Ungarn hat er nun seine Männer bewaffnet und will Revanche nehmen. Ladislao soll hingehen und seine Absichten ausspionieren. Sigismondo wird ihn dort erwarten, wo der Wald die Feldgrenze markiert. Wenn der Tod sein Leiden vorher beenden wird, ist das Schicksal ihm gnädig gewesen.

Ladislao erklärt, dass er den Auftrag ausführen wird.

BILDWECHSEL

5. Szene:

Eine weite Landseite endet an einem dichten Wald. Am Rande steht ein Haus, das von Aldimira zusammen mit Zenovito genutzt wird. Er ist der Edelmann, welcher ihr Leben rettete und sie nun vor ungebetenen Eindringlingen schützt.

„O tranqillo soggiorno! O dolce! O cara - O welche freundliche Umgebung. In dieser lieblichen Wildnis werde ich nach Frieden suchen!“ Es wird ein vergebliches Unterfangen sein, denn ein grausames Schicksal hat endloses Leiden über sie verhängt, mutmaßt Aldimira. Nur eine Person, wenn sie sich ihr denn einmal nähert, könnte sie glücklich machen und ihr Temperament beruhigen. Der geliebte Mensch sollte doch begreifen, dass sie ihm immer treu ergeben war. Unfair und brutal hat er sie zum Tode verurteilt, doch ihr Herz klopft noch für den lieben Gemahl. Ihrem tapferen Diener Zenovito verdankt sie ihr Leben. Der Himmel leitete ihn, die Unschuldige zu retten. Der Minister hielt um ihre Liebe an. Sein Bemühen war vergeblich und aus Rachsucht schwor er ihr ewige Feindschaft. Dank Zenovitos Hilfe fand sie Unterschlupf in dieser Schlucht.

Hörnerklang ertönt. Das passiert selten, dass man in dieser Gegend zur Jagd bläst, mein Zenovito. Man hört Stimmen und er rät, dass Aldimira sich im Haus verbergen soll.

6. bis 8. Szene:

Die Jagdgesellschaft nähert sich und ein Jägerchor ist zu hören: „Zum Walde lasst uns gehen und Tiere jagen, Das Wild wartet bereits auf unsere Ankunft. Alle Männer, die tapfer und stark sind, kommen und jagen mit uns.“ Zenovito lehnt in der Haustür und fragt, wer sie herschicke. Es sei der König, antworten die Jäger. Er wird seiner Gegenwart bald gewahr werden. Aldimira ist ganz aufgelöst. Ihren Gemahl wird sie zu Gesicht bekommen. Sein Gefolge nähert sich. Beide Bewohner des Häuschens werden sich zunächst unsichtbar halten.

Sigismondo setzt sich auf die Bank und verhält sich zunächst ruhig. Dann bekommt er seine gewohnten Halluzinationen und beginnt, ohne von der unmittelbaren Nähe Aldimiras zu wissen, zu rasen. „Ich kann dich sehen! Ja, ich kann, du Furie! Du läufst mir überall nach. Du bist eine Plage!“ „Es ist mein Gemahl“, schwärmt Aldimira, die drinnen lauscht. Sigismondo versucht, sich selbst zu beruhigen. Sie sei schuld gewesen, behauptet er - aber er verlor sie für immer.

9. Szene:

Sigismondos Kundschafter tritt auf. Hat Ladislao Neuigkeiten zu berichten? Fragt ihn der König. Er hat schlimme Nachrichten. Völlig überraschend seien Uldericos Soldaten ins Land eingedrungen. Sie haben das Kriegsglück vorläufig zu ihren Gunsten gedreht. Es war ein Überraschungsangriff und wenn die eigene machtvolle Armee sie nicht abwehren konnte, wird der Königspalast bereits erobert sein, orakelt der Schwarzmaler.

„Hat der ungarische König den Grund für seinen Ärger erklärt?“ „Er wünscht seine Tochter zu rächen.“ Ein böses Omen! Sein Herz klopft wild. Der Königs denkt, vom Volk einige Aufschlüsse zu erhalten. Ladislao möge ins Gebäude gehen und Erkundigungen einziehen.

10. Szene:

Ladislao kommt aus dem Haus und soll erzählen, was er sah. Weshalb zögert er? Weil er nicht glauben kann, was er gesehen hat! Er soll es erzählen! Er glaubte, dass er träumt, aber wahrscheinlich war es nur ein Missverständnis. Ein Schauder schüttelt seinen Rücken. Es macht ihn beben, wenn er nur daran denkt. Der Königs soll selbst ins Haus gehen und er wird ein Wunder erleben.

Sigismondo geht auf die Haustür zu, aber in dem Moment kommt Aldimira heraus. Ein Ruck geht durch seinen Körper, er steht stramm und gafft die Erscheinung an. Ladislao erläutert, dass das die Person sei, die hier lebe. Gewiss wird er sich bei dem Anblick wundern. Er muss jetzt gehen. Es wird Zeit, nach der Armee zu schauen.

11. Szene:

Ist das ein Geist oder ein Schatten? Sigismondo glaubt, sein verlorenes Weib wiedergefunden zu haben, doch die Ernüchterung erfolgt auf dem Fuße, denn sie besteht darauf Egelinda zu heißen und Zenovitos Tochter zu sein. Was kann sie für ihn tun?

Die beiden kommen miteinander ins Gespräch und es versetzt den König in Erstaunen, dass sie die Vorfälle, die sich damals bei Hof zugetragen haben, genau kennt. Sie bestätigt, dass es einen Verräter gab.

Verflucht! Das Blut des Übeltäters würde nicht genug sein, um seine Rache zu kühlen! Sigismondo hat Zweifel über ihre Identität. Stimmt es auch wirklich, dass sie Zenovitos Tochter ist? Wer ist sie, Himmel?

12. und 13. Szene:

Ladislao quälen die gleichen Zweifel und er würde zu gern wissen, wer die Dame sei. Zenovito taucht auf und Ladislao bedrängt ihn, zu sagen, ob das Mädchen in seinem Haushalt wirklich seine Tochter sei.

Egelinda sei ihr Name, kündet er zum wiederholten Mal und wahrscheinlich wird sie das Königreich erretten! Er soll erklären, wie sie das bewirken will! In Übereinstimmung mit der Sicht des Königs schaut meine liebste Egelinda der jetzigen Aldimira sehr ähnlich. Und zwar so sehr, dass sie aussieht wie Aldimira selbst, ergänzt Ladislao.

„Hör zu! Wenn Egelinda in vornehme Gewänder gekleidet, bei Hofe als Königin auftritt, wird Ulderico den Unterschied nicht ausmachen können. Er wird Egelinda für Aldimira halten, seinen Ärger beschwichtigen und das Friedensabkommen unterzeichnen. Damit ist das Reich gerettet und der Krieg findet nicht statt.“ Weiß er denn schon, ob der König seinen Ratschlag akzeptieren wird? Zenovito schlägt vor, dass sie beide vor dem König erscheinen und den Vorschlag unterbreiten werden. Ladislao, der keine saubere Weste trägt, nimmt sich vor, diesen Plan zunichte zu machen.

Zenovito fleht den Himmel an, seine Idee ausführen zu können. Er soll den Schleier beiseiteschieben, der Aldimiras Unschuld verdeckt. Möge die Königin nach stürmischer Vergangenheit, das sichere Refugium finden, das ihr zukommt und die göttliche Vorsehung den gemeinen Verräter niederstrecken.

Die Ähnlichkeit zwischen der angeblichen Tochter Zenovitos und der Verschollenen machen Ladislao ängstlich und konfus. Zenovito schlägt vor, den König vorzubereiten, seine Tochter vor Einfall der Nacht diskret am Hofe vorzustellen. Er hofft zuversichtlich, dass Egelinda sich nicht weigert, das Haus zu verlassen.

14. Szene:

Ladislao denkt, wenn das Mädchen nicht bereit ist, muss die Mysteriöse auch nicht länger die Ursache seiner Befürchtungen sein. Weshalb will sie nicht kommen und weigert sich dem Befehl des Königs zu gehorchen, fährt Ladislao sie unverhofft an. Er soll ihr versichern, bekommt er zur Antwort, dass ihr Leben nicht in Gefahr ist, wenn sie sich zum Palast begibt. „Die letzte unglückliche Königin wurde verraten. Ein übler Schurke bewirkte ihren Tod!“ „Woher will sie das wissen?“ „Er soll nicht sie nicht fragen?“ „Warum sollte er fragen? Ist sie irre?“ „Nein, sie hatte nur das Leid zu tragen.“ Wer habe ihr das Leid geschaffen? Schlechtigkeit inspiriere ihre Worte! Keiner würde ihr etwas glauben. Aldimira hält dagegen, dass jeder ihr glauben würde, da sie von der Wahrheit inspiriert seien. Die Streithähne trennen sich. Ladislao geht in den Wald und Aldimira ins Haus.

15. Szene:

Welche Fülle schmerzhafter Gedanken bedrängt sein verrücktes Gemüt. Nach und nach wird er unruhig.
Fürchterliche Schatten versuchen ihn, wie immer, zu packen. Sigismondo zittert vor Furcht. Auch Aldimira, als nach ihm schaut, fühlt einen plötzlichen Schmerz in ihrem Herzen. Was Ladislao sieht, nährt seinen Verdacht, dass es zwischen den beiden eine Annäherung geben wird. Sigismondos Gedanken wandern zu ihm und der Hass packt ihn. Aldimira beschimpft den Minister als Verräter. Es ist das richtige Wort, bestätigt Sigismondo. Wo ist seine Aldimira, fragt sich der König, wenn die Tochter Zenovitos hartnäckig bestreitet, die Gesuchte zu sein.

Sigismondo will von Aldimira wissen, ob sie sich noch immer weigert, ihm in seinen Palast zu folgen. Nein, aber nur wenn er ihr versichert, dass ihr Leben sicher ist. Sigismondo bestätigt ihr körperliche Unversehrtheit.

Der stolze Feind versucht durch das Gebüsch zu brechen. „Zu den Waffen“ ruft der Chor. Sigismondo will mit seinen Leuten gegen den Feind kämpfen, um seine Tapferkeit zu erproben. Aldimira soll ihn im Palast erwarten! Je härter das Schicksal gegen ihn wütet, umso kampfstärker fühlt er sich.

2. Akt:

1. bis 3. Szene:

Die Höflinge fragen sich, warum sie zur unüblichen Stunde vom König diskret in den Palast geladen werden. Hält er ein Geheimnis versteckt, welches sie noch nicht kennen?

Die Untertanen sollen ihm gut zuhören! Gegen die unvorhersehbaren Wendungen des Schicksals muss ein kluger König seinen Willen abstimmen. Ein sorgenvolles Ereignis setzt ihn in Zugzwang, zu reagieren. Bevor er handelt wünscht er, ihre Bewertung zu hören. In einem königlichen Mantel kommt Aldimira die Stufen herunter und alle gaffen sie an, um ihr dann unverzüglich zuzujubeln. „Viva Aldimira, nostra Regina!“ Über das Ungemach hat sie triumphiert wie ein tapferer Krieger. Ein furchtbares Schicksal hat sie besiegt und Sigismondo wird angefleht, ihnen ihre Königin zurückzugeben.

Radoski schaut wie benebelt. Ist sie es wirklich. Es ist nicht zu fassen. Anagilda sieht ihre Felle schwimmen und kleidet ihr Gemüt in Hoffnungslosigkeit

4. Szene:

Es kommt zum Liebesduett zwischen Sigismondo und Aldimira. Jubel ist im Herzen der Königin. Wenn er sie seine Gemahlin nennen darf, werden seine Schmerzen abklingen. Im Scherz betont sie, dass das Schicksal sie herausfordere, einen ungerechten und undankbaren Mann zu lieben. Egelinda soll seine Zweifel über ihre wahre Identität ausräumen. Er fragt sie, ob sie verheiratet sei. Einst war sie es! Warum er sie verlassen hat? Ein barbarisches Schicksal habe ihn gezwungen. Aber nun kann sie das Schicksal wechseln. Sie soll einen anderen Ehemann nehmen. Er habe sie als seine Königin auserwählt. Womit habe sie das verdient? Will sie sich etwa seinem Thron verweigern? Aber er kennt sie. Sigismondo meint, dass sie falsch zu ihm gewesen sei. Trotzdem habe er sie während der letzten fünfzehn Jahre geliebt.

Die dunkle Gruft, die unter ihren Füßen geöffnet war, habe sie gesehen - trotzdem sei ihr Herz treu geblieben. Er kann nur feststellen, dass er verraten wurde. Er sah eine böse Tat und ließ sich täuschen, ohne sein Herz zu konsultieren. Wer bist du? Er sieht Egelinda und fühlt sein Herz beben. In ihrem Namen soll er ihm vergeben. Beide seufzen und sind völlig irre. Sie soll etwas sagen. Doch Aldimira spricht die erlösenden Worte, die ihre Identität klarstellen nicht. Sie taktiert zu lange, bis es fast zu spät sein wird. Warum hören seine Leiden niemals auf? Elendes Herz, was du durchmachst! Seine Seele ist ständig die Beute der Verzweiflung. Ein barbarisches Schicksal verdamme ihn!

5. Szene:

Seine Augen haben Radoski nicht betrogen. Sein Gewissen erzählt ihm, dass die Geheimnisvolle Aldimira tatsächlich ist. Er beugte sich Ladislao und verriet sie, um seinem Herrn gefällig zu sein. Die Schwester will nun einen Rat. Muss Anagilda die zwingende Ähnlichkeit nun fürchten? Warum sollte sie? Nun, Sigismondo hat seinen Domestiken gerade erzählt, dass er Egelinda an seinen Hof kommen lassen wird, um sie zur Königin zu machen. Egelinda wird immer Zenovitos Tochter sein, klärt Radoski Anagilda auf. Einmal wird ihre Aufgabe erledigt sein und dann geht sie zweifellos mit ihrem Vater wieder heim in ihre Hütte.

Anagilda denkt, dass ihr hoffnungsloses Herz früher oder später sich einer neuen Liebe öffnen wird. Gerade hat sie einen Thron und den Geliebten verloren. Sie wünscht sich, einmal von endloser Freude träumen zu können. Aber im Moment fühlt sie sich elend hintergangen. Alle Hoffnungen auf den ersehnten Throns hat sie aufgegeben. Der Himmel hat ihr alles gestohlen und ihr Herz, welches mit Stolz gefüllt war, ist blind gewesen.

6. Szene:

Ladislao ist auch nicht gefühllos und sein Gewissen plagt ihn, und er empfindet eindringliche Reue. Die drohende Gefahr hat er immer vor Augen und zeigt ihm das Resultat seines Anschlages. Eine Donnerstimme klagt ihn an und ein schlimmes Schicksal macht ihn für immer elend.

„Gott, welcher kennt mein Leiden,
höre mein Gebet
und gib mir bitte Frieden.
Lindere mein Schmerzen
und lass diese Tortur abklingen -
vielleicht nur für eine kleine Weile.“

7. Szene:

Radoski will sich bei Egelinda auch einschmeicheln. Er möchte ein Geheimnis aufdecken, von dem er sich wünscht, es nicht schön früher gelüftet zu haben. Aldimira bedingt sich aus, nicht schon wieder betrogen zu werden. Sie soll nichts fürchten, denn er gibt ihr einen Brief, den Ladislao ihr schon vor fünfzehn Jahren geschrieben hat. Sie warf ihn weg, aber er habe ihn aufgehoben. Vielleicht kann er ihrer Rehabilitation nützlich sei. Er händigt ihr den Brief aus.

8. Szene:

Der Plan soll nun umgesetzt werden, zusammen mit Aldimira und einem kleinen Heer ins Feldlager König Uldericos aufzubrechen. Sigismondo lobt, dass sie bereits ist, ihren Anteil zur Versöhnung beizutragen.

Der König soll nicht länger zweifeln, dass sie sein treuer Diener ist. Er sieht ihr Mitleid für seine Schmerzen. Leiden und Weinen mit ihm, sind zurzeit ihre Beschäftigung und sie hat ständig Angst um ihn. Trotzdem misstraut er ihr!

Kann er nicht in ihrem Herzen lesen, wie viel Liebe, Dankbarkeit und Schmerz es trägt? Bald schon wird er klarer sehen. Der Hörner Klang ruft schon. Tapfer wird sie ihm zum Schlachtfeld folgen, denn sie ist stark genug, gegen den Feind zu kämpfen. Treue Liebe und Mitgefühl werden zwei Herzen miteinander verbinden und den Gewinn davon tragen.

Der Opernchor schließt sich an:

„D'allori nobili
vantiam l'onor.
Campo di gloria
apre il valor.
Di Marte indomito
arda il furor.
Costante e impravido
sarà 'I mio cor. -

Wir sind alle edel gesinnt
Unser Mut führt uns zum Sieg
Lass des Mars Rache auch gegen uns sein
unser Herz ist immer unerschrocken und treu.“

SZENENWECHSEL

9. Szene:

Ein tiefes Tal, umsäumt von hohen Bergen, soll den Schauplatz abgeben, wo die feindlichen Heere von Ulderico und Sigismondo ihr Scharmützel auszutragen gedenken. Ladislao erscheint als Vorbote und Ulderico spricht ihn an, ob seine Tochter noch am Leben sei. Er will sie wiedersehen und Sigismondo wird er vergeben, weil er ihr eventuell Schutz gewährte. Er suche langfristig Frieden und einen Bundesgenossen. Weshalb ist Ladislao so still und zögert, ihm seine Tochter zu übergeben.

Der Angesprochene erwidert, dass er nicht lügen kann. „Was meint er damit? Ulderico wünscht, dass er seine Meinung sagt.“ Er zittere deshalb, weil fünfzehn Jahre zuvor Sigismondo befahl, seine geliebte Aldimira zu töten. Es gäbe keinen Grund, ihn zu schützen, denn er brütet einen Plan aus! „Welchen Plan?“ will Ulderico wissen. Nun, Zenovito, ein Diener von ihm, habe eine Tochter, deren Name Egelinda ist. Diese schaut aus wie Aldimira, so sehr, dass jeder glaubt, sie sei dieses Mädchen in Wirklichkeit. Der Plan seines Feindes sei, Egelinda zu nehmen, um sie ihm als seine Tochter zu präsentieren. Nachdem er ihn hereingelegt hat, würde sein Zorn abflauen und er würde ihn seinen Freund nennen, so kalkuliere Sigismondo. Er wagt viel, der Halunke!

Der Klang eines Militärmarsches kommt immer näher und Sigismondo und Aldimira erreichen den Schauplatz mit Gefolge. „Fürchte ihre Ähnlichkeit! Sie dient dazu, Dich hereinzulegen!“ Wer also ist sie?

10. Szene:

Aldimira freut sich, ihren Vater nach so langer Zeit wiederzusehen. Dieser verhält sich reserviert und sein Kind versteht nicht, weshalb er zögert, es zu umarmen. Ladislaos Falschheit hat Früchte getragen und Ulderico gehen schwerwiegende Gedanken durch den Kopf, ob das Mädchen wirklich seine Tochter ist oder ihr nur ähnlich sieht. Die optische Übereinstimmung ist wirklich erstaunlich und Unsicherheit überfällt Ulderico.

„Gib mir deine liebevolle Umarmung, mein Vater“ bittet Aldimira! Ulderico glaubt zu fühlen, dass er seine Tochter vor sich hat oder sein Herz müsste ihn wirklich arg betrügen. „Egelinda, Du bist Zenovitos Tochter gemäß deiner eigenen Erklärung“, stellt Ulderico in tadelndem Ton fest und nimmt seine Emotion zurück. Aldimira beharrt auf ihrer Erklärung und will Ihre Aussage belegen. Er gab ihr Sigismondo zum Gatten und dieser erkennt ihre Identität an. Wir sind ein Herz und eine Seele und nur der Tod kann uns scheiden. Der Blitz des Todes soll ihn niederstrecken, denn er versucht ihn zu betrügen. Aldimira fleht den Vater und den Gemahl an, sie nicht zu verstoßen. Doch die beiden Männer sind in Kampfstimmung und beschließen, sich militärisch auseinanderzusetzen. Udericos Misstrauen hat sich trotz Aldimiras Bitten festgesetzt und Sigismondo ist in Rage. Zunächst sprechen jetzt die Waffen und hinterher wird man weitersehen.

11. Szene:

Das Gesicht des Todes zeigt sich überall. Sigismondo hat eine Niederlage erlitten. Seine Brust will er der kalt scheinenden Klinge bieten, denn er fürchtet den Tod nicht. All seine Hoffnungen sind zunichte. Ehrenvoll sterben, ist sein letzter Wunsch. Sigismondo wird von den Leuten Uldericos entwaffnet.

Man hört Aldimira um Hilfe schreien, denn Ladislao ist hinter ihr her. Sie wehrt sich heftig, denn er versucht sie zu bedrängen. Bei der Rauferei gerät Ladislao ins straucheln und er rollte den Abhang hinunter. Die Wachen helfen dem Verletzten auf und setzen ihn auf einen Felsen. Aldimira klagt, dass er sie töten wollte. Der Halunke soll einen Grund für sein Verhalten nennen, fordert ihn sein König auf und Aldimira ersucht ihn, die Wahrheit über sie zu erzählen. Sigismondo hat alle gegen sich und unter Druck geraten, legt er ein Geständnis seiner Schandtaten ab. Endlich kommen auch von Ulderico die erlösenden Worte: „Bringt meine Tochter zu mir!“

Sigismondo denkt in seinem Pessimismus, das Aldimira ihn hasst, doch sie beteuert leidenschaftlich das Gegenteil, bis sie den Gemahl überzeugt hat. Ach, wenn du mich wirklich liebst, wird dies äußerste Seligkeit für mich sein, lässt der Zerknirschte sich vernehmen.

12. Szene:

Es geht noch darum, den Gemahl vor der Bestrafung zu retten. Aldimira macht geltend, dass sie Uldericos Tochter sei und verweist zusätzlich auf den ehemals erhaltenen verfänglichen Brief von Ladislao, den Radoski ihr ausgehändigt hatte. Ladislao verdreht die Augen, bestätigt aber Aldimiras Aussage. Damit steht der Versöhnung zwischen den drei Kontrahenten kein Hindernis mehr im Wege. Sigismondo bekommt die Freiheit geschenkt und Ladislao darf auf Milde hoffen, weil er bereut und ein Geständnis abgelegt hat. Das bringt den Opernchor zur abschließenden Feststellung:

„Die frommen Seelen, die leiden
mancherlei Unbill und viel Pein
sind immer belohnt vom Himmel
mit äußerster Seligkeit und Freude.“


Letzte Änderung am 14.9.2012
Beitrag von Engelbert Hellen